Federal-Mogul steht vor einer dramatischen Entlassungswelle

Der Auftragseinbruch kann nicht mehr allein durch Kurzarbeit aufgefangen werden. Kommende Woche sind Gespräche mit Betriebsrat und IG Metall angesetzt.

Burscheid. Über die Karnevalstage ruhte der Betrieb bei Federal-Mogul (FM). Nicht zur Ruhe kamen aber die Spekulationen innerhalb der Belegschaft über einen drohenden massiven Stellenabbau ab Sommer. Von 600 gefährdeten Arbeitsplätzen ist die Rede. "Kein Kommentar", sagt Geschäftsführer Michael Hedderich zu der konkreten Zahl. Aber er bestätigt, dass der Standort Burscheid vor den dramatischsten Veränderungen seit dem Beginn der 90er-Jahre steht.

Im Zuge der Rezession und des Verkaufs an den britischen T & N-Konzern hatten damals Hunderte Mitarbeiter der früheren Goetze AG ihren Arbeitsplatz verloren. Und auch jetzt sagt Hedderich: "Wir sind uns der Konsequenzen für die Betroffenen, die Stadt und das ganze Umfeld bewusst. Aber wir sehen keine Möglichkeit, das zu vermeiden."

Für kommende Woche Mittwoch sind Gespräche zwischen Geschäftsführung, Betriebsrat und IG Metall geplant. Ziel der Geschäftsführung ist es, zügig über Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln "und einen schnellen Personalabbau zu vereinbaren".

Noch schützt eine Betriebsvereinbarung in Zusammenhang mit der Einführung der Kurzarbeit die rund 1500 FM-Mitarbeiter vor betriebsbedingten Kündigungen. Doch die Vereinbarung läuft Ende April aus - mit dreimonatiger Nachwirkungsfrist. Die ersten Kündigungen könnten demnach zum 1. August wirksam werden.

Der Auftragsrückgang bei FM ist nach wie vor extrem. "Wir haben uns von den Dezemberwerten noch nicht erholt und liegen im Vergleich zum ersten Quartal 2008 unterhalb von 50 Prozent Auslastung", sagt Hedderich. Es seien auch keine Anzeichen auf kurzfristige Erholung des Marktes innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate erkennbar.

Der Standort Burscheid ist von der Automobilkrise noch stärker betroffen als andere Ringstandorte. Denn hier wird vor allem für den Dieselmarkt produziert. Und der hat es aktuell besonders schwer, weil derzeit kleine, billige Autos boomen und die meisten Käufer die Mehrkosten für einen Diesel scheuen. Das zeigt sich auch an der Auftragslage in Burscheid, die bei der Gussringfertigung (vor allem für Dieselmotoren) noch schlechter ausfällt als bei der Stahlringfertigung (vor allem für Benziner).

Die im November eingeführte Kurzarbeit und alle anderen Kostenreduzierungen reichen aus Sicht der Geschäftsführung daher nicht aus, den Standort Burscheid im Plus zu halten. "Wir sehen rote Zahlen auf uns zukommen, wenn wir nicht reagieren." Reagieren, das heißt: Stellen abbauen. Von freiwilligen Aufhebungsverträgen über die Gründung einer Transfergesellschaft bis hin zu betriebsbedingten Kündigungen steht jetzt alles zur Diskussion.

Dabei hält das Unternehmen auch weiterhin am Instrument Kurzarbeit fest. Hedderich lobt ausdrücklich das Bemühen der Bundesregierung, über Erleichterungen bei der Abwicklung den Unternehmen entgegenzukommen. "Sonst müssten unsere Maßnahmen auch noch viel radikaler ausfallen."

Spätestens Mitte März soll Klarheit über den Umfang der Entlassungen herrschen. Und angesichts der dramatischen Entwicklung mag der Geschäftsführer nur noch in einer Hinsicht so etwas wie Optimismus verbreiten: Die Gefahr einer Insolvenz, wie sie derzeit gerade viele kleine und mittlere Autozulieferer trifft, stuft er für FM als "sehr gering" ein. "Den Standort Burscheid insgesamt sehe ich nicht in Gefahr. Und wir werden mittelfristig auch nicht auf eines der beiden Werke verzichten."