Im Land ohne Karneval und Hügel
Andreas Inden lebt seit acht Jahren im Osten. Der Elektroniker besitzt dort eine Firma für Spulen.
Burscheid. Erst am Montag wurde das vereinte Deutschland wieder gefeiert. Der Osten und der Westen der Republik gehören seit nunmehr 21 Jahren zusammen. Und auch wenn dabei insbesondere viele Ostdeutsche ihre alte Heimat hinter sich gelassen haben, gibt es immer wieder auch das Gegenbeispiel: dass Wessis in die neuen Bundesländer gehen.
Der Burscheider Andreas Inden hat vor acht Jahren das Rheinland verlassen und lebt nun in brandenburgischen Werneuchen. „Meine jüngste Tochter ist schon ein richtiger Ossi“, sagt der 49-Jährige scherzhaft und fügt schnell hinzu, dass er das Wort nicht als Schimpfwort versteht. Die fünfjährige Sarina ist in Brandenburg geboren. Ihre Schwester Tia (9) kam dagen noch im Rheinland zur Welt.
2003 hatte es Andreas Inden erst wegen eines Jobs zunächst nach Berlin verschlagen. „Mich hat die Hauptstadt gereizt.“ Damals wohnte seine Frau Simone (39) mit der jüngsten Tochter noch in Leverkusen, kam aber nach wenigen Monaten nach.
2008 übernahm der gelernte Elektroniker dann die Firma Fritz Bühler Kommunikationstechnik in Werneuchen. Dort werden spezielle Spulen hergestellt. „Wir machen beispielsweise die Erregerspulen für Herzschrittmacher“, erklärt Inden.
Dass er einmal in Brandenburg leben würde, hätte sich der Rheinländer nicht träumen lassen. 23 Jahre hat Andreas Inden in Burscheid gelebt, auf dem Griesberg. Er besuchte hier die Schule und war täglich im Megaphon, seinem Lieblingsplatz in der Stadt. Auch als er die Ausbildung bei der Deutschen Bahn in Wuppertal machte, pendelte er lieber, anstatt wegzuziehen. „Als ich einen Job in Gummersbach hatte, war mir das schon weit genug“, erinnert sich Inden.
Inzwischen ist er im Osten angekommen. Das war aber anfangs nicht leicht. „Die Rheinländer sind viel offener als die Menschen hier“, sagt der 49-Jährige. Es habe seine Zeit gebraucht, bis er an die verschlossenen Brandenburger herangekommen sei, neue Freundschaften geschlossen habe. „Hier kommt man erst nach Wochen ins Gespräch.“
Mitunter vermisse er das Rheinland auch. „Der Karneval fehlt mir“, sagt Andreas Inden etwas wehmütig. Sein schlimmstes Erlebnis: „Ich war hier bei einer Karnevalsparty, bei der in breitem Sächsisch ,Mer losse d’r Dom en Kölle’ gesungen wurde. Das war furchtbar.“ Auch die Landschaft im Bergischen wünscht er sich häufig ins flache Brandenburg. „Hier ist einfach nur alles platt, das ist für mich als Motorradfahrer nicht schön.“
Doch trotz aller Erinnerungen ist der Rheinländer nun in Brandenburg zu Hause. „Ich habe eine Firma und ein Haus hier“, sagt Inden. Das möchte er nicht mehr missen. Und es gibt auch Vorteile in seiner neuen Heimat: „Das Wetter ist einfach besser hier und in jedem Ort gibt es schöne Seen“, sagt der Burscheider.
Auch seine Kinder hätten wohl etwas dagegen, wenn sie ins Rheinland sollten. Die beiden ermahnen den Papa nämlich regelmäßig, wenn er mal ins Kölsche verfällt. „Sprich bitte Deutsch“, fordern sie dann. Ein Zeichen, dass seine Kinder längst kleine Brandenburger sind, erzählt Andreas Inden leicht schockiert: „Die beiden sagen zu Frikadelle schon Bulette.“