Wirtschaft Jeder soll sich verantwortlich fühlen

Seit zehn Monaten ist Dietmar Marx Geschäftsführer bei Federal-Mogul — und setzt auf Identifikation mit dem Betrieb.

Burscheid. Sein neues Büro ist gerade frisch bezogen. Von seinem Fenster im Erdgeschoss blickt Dietmar Marx jetzt auf das kleine Biotop unmittelbar hinter dem Tor von Werk 1. Der Geschäftsführer der Federal-Mogul (FM) Burscheid GmbH befindet sich damit auf historischem Grund: Wo mittlerweile sein Schreibtisch steht, befand sich ganz früher einmal die Gießerei des Kolbenringherstellers.

Dem Umzug ist seit vergangenem August eine längere Kernsanierung vorausgegangen, die nach einem Heizungs- und Wasserschaden in der früheren Personalabteilung notwendig geworden war. Der neue Büroschick hat nicht nur aus Brandschutzgründen altes Mauerwerk und Rundbögen beseitigt, sondern auch die in die Jahre gekommene Goetze-Patina. Und Marx befindet sich durch den Umzug ins Erdgeschoss jetzt auf Augenhöhe und in unmittelbarer Nachbarschaft mit der Produktion.

Das kann durchaus auch symbolisch verstanden werden, denn Marx ist nach eigener Aussage ohnehin „den halben Tag im Werk unterwegs“. Das ist nicht nur seiner Ausbildung als Maschinenbauingenieur geschuldet und der damit verbundenen Erfahrung mit der Produktion und ihrer Optimierung. Das hat auch mit seinem Führungsverständnis zu tun. Er will ansprechbar sein und erwartet zugleich von jedem Mitarbeiter Verantwortungsbewusstsein für das Unternehmen.

Ein praktisches Beispiel: Mitte April packte die gesamte Managementebene einen halben Tag mit an, als es darum ging, in der Stahlringfertigung in Werk 2 einen neuen Besprechungsbereich für die Mitarbeiter zu gestalten. Die Botschaft: Die Investition ist uns wichtig, behandelt sie entsprechend sorgsam. „Es gibt die Erwartungshaltung, dass die Maschinen wie das eigene Auto gepflegt werden“, sagt er.

Seit zehn Monaten ist Marx Teil der FM-Geschäftsführung (neben Michael Hedderich und Personalleiterin Andrea Vogt-Schulz, seit sie Anfang des Jahres zur Arbeitsdirektorin der deutschlandweiten Holding gewählt wurde). Und den Wechsel von der Continental Emitec GmbH in Lohmar nach Burscheid sieht er rückblickend als „genau richtige Entscheidung“. Die Verantwortung, die er damals für global fünf Werke hatte, wird für ihn in Burscheid durch die Führungsrolle kompensiert, die der Standort in Sachen Forschung und Entwicklung für andere Standorte hat.

Sein Ziel: „Ich will die Potenziale des Standorts heben, bevor die Kunden Preisnachlässe wünschen.“ Anders gesagt: Der Qualitäts- und Innovationsvorsprung des Weltmarktführers für Kolbenringe muss immer wieder neu behauptet werden. „Man kann sich nie auf den Erfolgen ausruhen.“

Daneben sieht Marx bei den Fertigungsabläufen noch „Potenzial zur Optimierung“. Überprüft werden soll, wie oft ein Ring angefasst werden muss, ehe er das Werk verlässt. „Zum Teil werden Ringe heute noch drei- bis viermal zwischen den beiden Werken hin und her transportiert.“

Aktuell ruhen die Hoffnungen auf der neuen Beschichtung DuroGlide, die durch geringere Reibung den Kraftstofffverbrauch und die CO2-Emissionen vermindert. Vor einem Jahr wurde die Serienreife erreicht. Mittlerweile zählen General Motors, Daimler, Audi und der PSA-Konzern zu den Kunden.

Noch liegt der Absatz im einstelligen Prozentbereich, auch weil noch Kinderkrankheiten in der Produktion beseitigt werden müssen. Aber drei Öfen arbeiten schon für die neue Beschichtung. Mitte 2017 soll die erste Millionenstückzahl erreicht werden. Und ab 2018 wird eine massive Steigerung in der Kapazität geplant.

Die Entwicklung im Dieselbereich verfolgt Marx aufmerksam, aber nicht zu besorgt. Zwar setzt FM rund zwei Drittel seiner Ringe bei Dieselmotoren ab. Aber mittlerweile werden auch die Anforderungen bei Benzinern komplexer: „Früher hatte eine 1,6-Liter-Maschine noch 60 PS, heute bis zu 270 PS.“ Die immer höhere Verdichtung in Verbindung mit Turboladern stellt auch immer höhere Qualitätsansprüche — ein Vorteil für FM.

Bei FM schätze er die „offene und ehrliche Kommunikation“, sagt Marx. Die will er auch mit IG Metall und Betriebsrat pflegen, wenn es um Fragen von Produktivitätssteigerung und mehr Flexibilität geht. Das sei immer wieder ein Thema, wenn es um die Kompensierung von Inflation, wachsenden Lohn- und Energiekosten gehe. „Der Standort hat gute Perspektiven, die wir aber nicht geschenkt bekommen.“