Jetzt wird wieder an der Einheitsliste geschmiedet

Ein großer Sieger und fünf Verlierer mit unterschiedlich starken Schmerzen stellen die Weichen für die Ratsarbeit.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Ausgelassene Sieger stellt man sich anders vor: Bürgermeister Stefan Caplan verlässt die CDU-Wahlparty am Sonntag im Restaurant Korfu schon gegen Mitternacht und fährt nach Hause. Fraktionsvorsitzender Jörg Baack rührt den ganzen Abend keinen Tropfen Alkohol an, weil am nächsten Tag wichtige berufliche Termine warten. Und doch stehen die beiden für einen kommunalpolitischen Erfolg auf der ganzen Linie.

Das beste Bürgermeisterergebnis, seit der Amtsinhaber direkt gewählt wird, dazu 15 von 16 Wahlkreisen in CDU-Hand mit den Spitzenreitern Reiner Höpken (49,8 Prozent) und Jörg Baack (48,0) — und als einzige der bisherigen Ratsfraktionen ein kräftiger Zuwachs gegenüber 2009. Bei allen anderen steht da ein Minus.

Doch dieses Minus schmerzt in sehr unterschiedlicher Intensität. Am stärksten sicher bei der FDP, die sich endgültig von der Erinnerung an die große liberale Tradition in dieser Stadt frei machen muss. Aber auch die Freien Wähler haben am Sitzverlust schwer zu kauen, hatten sie doch im Jubiläumsjahr eigentlich aufstocken wollen.

„Zu viel erwartet“ hätten auch einige in den Reihen des BfB, sagt Michael Baggeler am Tag danach. Und gewinnt bei aller Ernüchterung über das Verfehlen des Wahlziels, die SPD von Platz zwei zu verdrängen, dem Ergebnis doch zumindest einen positiven Aspekt ab: Man habe sich als drittstärkste Kraft stabilisiert und eine eigene Wählerschaft gewonnen. „Denn ihren Zuwachs an Stimmen hat die CDU offenkundig nicht bei uns geholt.“

Eindeutig als viertstärkste Kraft haben sich die Grünen etabliert und werden daher die leichten Verluste am ehesten verschmerzen. Anders als die SPD, die nach dem mäßigen Ergebnis spürbar auf interne Veränderungen setzt, auch personeller Natur. „Wir müssen nach außen wahrnehmbarer werden“, sagt Fraktionschef Klaus Becker.

Jetzt stehen die konstituierenden Sitzungen der Fraktionen an — und die Frage, welche Weichenstellungen in Richtung der künftigen stellvertretenden Bürgermeister und der Ausschussvorsitze vorgenommen werden. Bis zur Entscheidung haben die Politiker allerdings noch Luft: Der neue Stadtrat wird erst am 3. Juli erstmals zusammentreten.

Trotzdem steht der Zeitplan der drei großen Fraktionen schon: Die CDU macht bereits am Dienstagabend den Auftakt. Die SPD folgt am Freitag und das BfB hat seine erste Fraktionssitzung nach der Wahl für den 2. Juni angesetzt.

Spannend wird die Frage, ob es möglicherweise wieder wie 2009 zur Besetzung der diversen Ämter eine Einheitsliste aller Fraktionen gibt. Jörg Baack befürwortet das, will den Vorschlag aber erst einmal am Dienstag fraktionsintern zur Abstimmung stellen.

Einverständnis wird auch aus der SPD signalisiert. „Das hat vor fünf Jahren Sinn gemacht und war ein guter Start in die Wahlperiode“, begründet Becker, warum er den Vorschlag auch am Freitag wieder unterbreiten will. CDU und SPD wollen sich in der Woche nach Pfingsten zu einem ersten Gespräch treffen.

Abwartender gibt sich Baggeler zur Frage einer Einheitsliste, ohne sie abzulehnen. Zunächst soll das Stimmungsbild innerhalb der neuen Fraktion eingeholt werden. Als deren Vorsitzender will er wieder kandidieren.

Womöglich werden in den Parteien auch die Wahlkampfkosten und der betriebene Aufwand noch mal neu hinterfragt. Die Spanne der finanziellen Investitionen war groß, die Art der Gestaltung sehr unterschiedlich — von hausgemachten Plakaten bis zur Kampagnenbegleitung durch professionelle Agenturen. Eine einleuchtende Verbindung zum jeweiligen Wahlergebnis lässt sich aber nicht herstellen.