Warum geht es beim Stück „Alle unter einer Tanne“?
Interview Heile Welt unter dem Tannenbaum
Das Schauspielerehepaar Claudia Wenzel und Rüdiger Joswig stehen derzeit im Theater am Dom auf der Bühne
Claudia Wenzel: Das ist eine schöne Familiengeschichte – ein Paar ist inzwischen geschieden, an Heilig Abend werden beide für ihre Kinder aber noch mal zum glücklichen Paar und zur heilen Familie. Allerdings tauchen bei diesem Weihnachtsfest plötzlich die neuen Partner auf, um reinen Tisch zu machen. Und auch die Kinder sorgen für Überraschungen. Das ist eine schwierige Situation, die aber reichlich Komik in sich birgt. Das Stück ist gut und hat viel Niveau, da geht es nicht ums Schenkelklopfen.
Rüdiger Joswig: Die Reaktionen aus dem Publikum waren bislang durchweg positiv. Die Vorstellungen sind entsprechend gut besucht und am Ende blickt man auf glückliche Gesichter.
Was macht den Reiz an Ihren Rollen aus?
Joswig: Die Rollen sind sehr vielschichtig und die Figuren erleben viele Aggregatzustände von heiter bis tief traurig. Auch die Konstellation eine Beziehung mit dem geschiedenen Partner vorzuspielen hat ihren Reiz.
Wenzel: Für mich bedeutet Theater, dass ich auch mal in einer Komödie meine andere Seite zeigen darf. Im Fernsehen werde ich als taffe Geschäftsfrau, die eher böse ist, meist in eine Ecke gestellt. Da ist die Bühne eine tolle Ergänzung für mich als Schauspielerin, weil ich andere Facetten von mir zeigen darf.
Sie waren bei der Serie „Küstenwache“ lange als Kapitän Ehlers unterwegs. Werden Sie heute noch darauf angesprochen?
Joswig: Ich war 16 Jahre lang der Kapitän. Das war eine sehr schöne, aber auch anstrengende Zeit mit einem tollen Team. Dabei hatte ich als Kind nie den Wunsch, zur See zu fahren. Ich wollte lieber Feuerwehrmann oder Dirigent werden. Bis heute werde ich noch sehr oft auf diese Rolle angesprochen, ich sehe das als Kompliment an.
Frau Wenzel sie drehen gerade parallel für „In aller Freundschaft in Leipzig“. Was machen Sie lieber Fernsehen oder Theater?
Wenzel: Es ist anstrengend und schön gleichermaßen, in so verschiedenen Bereichen arbeiten zu können. Toll ist beim Theater das direkte Feedback vom Publikum, das vermisse ich beim Drehen etwas.
Wie feiern Sie Weihnachten?
Wenzel: Ich liebe Weihnachten. Wir werden mit der ganzen Familie zu Hause in Berlin feiern. Gerade bin ich dabei, die Pläne für diese Zeit zu machen. Allerdings müssen wir in diesem Jahr etwas vorfeiern, da wir am 25. Dezember schon wieder Vorstellung haben.
Joswig: Meine Frau hat hier in Köln schon unsere Wohnung geschmückt, wir haben hier auch einen Weihnachtsbaum im Topf. Jeder Advent wird gefeiert und jeden Morgen gibt es Weihnachtslieder. Bevor wir in die kurze Weihnachtspause gehen, werden wir hier noch das ganze Team zur Weihnachtsfeier einladen. Da gibt es dann auch selbst gebackene Plätzchen.
Sie sind drei Monate in Köln. Wie erleben Sie die Stadt?
Wenzel: Wir haben schon den Elften im Elften erlebt und waren mittendrin auf dem Heumarkt. Das war ein tolles Ereignis, das uns sehr gut gefallen hat. Die Kostüme der Leute waren sehr fantasievoll. Ich habe mir einen bunten Kopfschmuck besorgt, um zumindest etwas mithalten zu können. Bislang kannte ich das alles nur vom Fernsehen.
Joswig: Wenn wir hier dauerhaft leben könnten, wäre meine Frau sicher eine sehr begeisterte Karnevalistin.
Was machen Sie sonst in Ihrer Köln-Zeit?
Joswig: Hier gibt es Kultur ohne Ende – wir waren schon in der Rembrandt-Ausstellung und auch zweimal im Dom. Auch das Museum Ludwig haben wir uns angeschaut und waren schon mal im Kino. Ich gehe auch gerne am Rhein spazieren, da gibt es nur leider nicht so viel zu entdecken. Aber wir sind schon mit der Seilbahn in den Rheinpark gefahren. Jetzt kommen die Weihnachtsmärkte und wir wollen uns noch die Ausgrabungen im Ahrtal anschauen.
Sie beschäftigen sich bei Ihrer Lesung „Zeitenwende – Lebenswende“ mit der Zeit in der DDR und mit dem Mauerfall und der Wiedervereinigung.
Wenzel: Das ist ein sehr erfolgreiches Projekt, mit dem wir auch in Schulen gehen. Am 26. Januar gibt es um 11 Uhr einen Termin im Theater in Köln. Der Eintritt kostet zehn Euro.
Joswig: Die Beschäftigung mit dieser Zeit ist für uns ein echtes Bedürfnis. Wir haben als Schauspieler auch eine politische Verantwortung und müssen uns einmischen. Es geht darum, gegen das Vergessen anzukämpfen und als Zeitzeugen über die DDR und die Wende aufzuklären. Wer weiß noch, dass das eine Diktatur und ein Unrechtsstaat war. Und wenn man auf Staaten wie die Türkei blickt, sieht man, dass sich in der Welt seitdem nicht sehr viel verändert hat.
Sie haben das Ende der DDR ganz unterschiedlich erlebt?
Joswig: Dass ich in den 80er Jahren die DDR verlassen habe, war meine beste Entscheidung im Leben. Viereinhalb Jahre musste ich darauf warten, das tun zu können. Bis heute feiere ich noch diesen Tag.
Wenzel: Ich bin bis zum Ende geblieben und der Tag des Mauerfalls, war für mich der schönste Tag im Leben. Ich habe so zu schätzen gelernt, was Freiheit bedeutet. Das ist ein sehr hohes Gut. Das muss man den Leuten klarmachen.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen im Osten?
Joswig: Das muss man sehr detailliert betrachten. In Thüringen wurde vor allem der Ministerpräsident als Person gewählt. Aber dass Linke und Rechte zusammen die Mehrheit bekommen, hat mich sehr tief getroffen.
Wenzel: In den 90ern nach der Wende wurde sehr viele Fehler gemacht und viel wurde überstürzt. Das war auch eine ganz neue Situation und man wusste nicht, wie man damit umgehen soll. Daraus ist bis heute bei den Bürgen im Osten viel Unzufriedenheit und Wut entstanden, die sich jetzt wieder in den Wahlergebnissen niederschlägt. Das hat auch die Rechten so stark werden lassen. Sie bieten einfache Lösungen, die es gar nicht geben kann. Da waren sicher auch sehr viele Protestwähler dabei.
Joswig: Wir müssen uns aber damit auseinandersetzen. Die AfD wurde demokratisch gewählt, was mir sehr weh tut. Aber wir müssen lernen, damit umzugehen, denn wenn wir die Partei ins Abseits stellen, machen wir das auch mit ihren Wählern und die Wut wächst weiter. Ich erwarte von unseren Politikern, dass sie mit demokratischen Mitteln dieser Entwicklung entgegentreten und sich damit auseinandersetzen.