Das Stück „Extrawurst“ spielt mit den Vorurteilen gegen fremde Kulturen und Menschen, die aus anderen Ländern gekommen sind.
Bühne Liberale Gutmenschen und ihre großen Vorurteile im Alltag
Köln · Bis zum 10. Juli ist die Komödie „Extrawurst“ zu Gast im Theater am Dom. Im Stück werden die alltäglichen Vorurteile von liberalen Gutmenschen gegen Kulturen und Menschen, die ihnen fremd sind, humorvoll auf die Schippe genommen.
Die Kölner Schauspielerin Madeleine Niesche spielt im Stück eine Hauptrolle. Wir haben mit ihr über die Komödie und ihre Rolle gesprochen.
Madeleine Niesche: Die Autoren des Stücks, Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob, kommen aus dem Bereich Comedy, was man auch deutlich merkt. „Extrawurst“ ist keine klassische Boulevardkomödie. Der Humor in den sehr gut geschriebenen Texten ist hintergründig und hat fast schon satirische Züge. Es geht um den entlarvenden Blick auf die verschiedenen Personen. Diese zeigen nach außen gerne ihre liberale Grundhaltung, sind aber doch in ihren Vorurteilen gefangen. Das merken sie selbst aber nicht. Dazu kommt die Vereinsmeierei mit all ihrer Bürokratie, die viele Zuschauer aus dem eigenen Verein bestens kennen. Sie werden im Stück Teil der Mitgliederversammlung im Tennisklub und die Leute machen auch ganz begeistert mit. Im Verein ist eigentlich alles bestens geregelt, bis der Vorschlag kommt, für das einzige türkische Vereinsmitglied einen zweiten Grill anzuschaffen, damit er seine Wurst nicht auf den gleichen Rost legen muss, wo vorher die Schweinswürste der anderen gegrillt worden sind. Danach eskaliert die Sache.
Kennen Sie das Vereinsleben aus eigener Erfahrung?
Niesche: Ich war als Kind im Sportverein, aber im Osten war das mit den Vereinen ganz anders. Normalerweise ist mir das Vereinsleben hier etwas suspekt. Den einzigen Kontakt dazu hatte ich als Leiterin eines Festivals in Bad Ems, das von einem Verein gegründet worden ist. Da habe ich dann auch mal eine Vereinssitzung mit all ihren Formalien live erlebt.
Haben Sie selbst Tennis gespielt?
Niesche: Ich habe es mal probiert, das ist aber nicht so mein Sport. Ich war Leichtathletin und habe mich dort auf die Kurzstrecke und den Weitsprung konzentriert. Aber ich wohne in Köln direkt neben einem Tennisplatz und blicke natürlich auch interessiert auf meine Nachbarschaft. Einige der Nachbarn waren bei uns im Publikum und haben danach gesagt, das kennen wir auch so. Das gilt gerade für Debatten über Kleinigkeiten, die oft nur geführt werden, weil sich Mitglieder damit wichtig machen wollen oder weil sie einfach nur diskutieren wollen.
Welche Rolle spielen Sie im Stück?
Niesche: Ich habe die einzige Frauenrolle und bin die Frau, die den Stein ins Rollen bringt. Dabei geht diese Frau davon aus, dass sie etwas Gutes für die Integration des einzigen türkischen Mitglieds tut. Deshalb fordert sie den zweiten Grill und beharrt auch stur darauf. Dabei will das türkische Mitglied diesen Grill selbst überhaupt nicht. Aber diese Frau hört nicht zu und sie hört auch nicht auf. Dazu kommt noch eine weitere persönliche und sportliche Ebene – die beiden sind in der Bezirksliga das erfolgreiche Doppel des Vereins und mein Ehemann im Stück hat den Verdacht, dass es da eine Affäre gibt. So bröselt immer mehr die Fassade der perfekten Ehe, welche die beiden zumindest nach außen führen wollen.
Hatten Sie persönlich Kontakt zu den beiden Autoren des bundesweit sehr erfolgreichen Stücks?
Niesche: Die beiden Autoren waren bei der Premiere vor Ort und waren sehr einverstanden, mit dem, was wir auf der Bühne machen. René Heinersdorff kennt beide sehr gut, sie schreiben unter anderem auch die Texte für Jochen Busse. Das Stück habe ich vor drei Jahren erstmals gelesen und musste bei jedem Satz lachen. Da gibt es so viele Pointen. Manche sind schon ziemlich frech und politisch unkorrekt. Aber sie sind dabei auch total sympathisch.
Sie stehen regelmäßig auf der Theaterbühne, drehen aber auch für das Fernsehen.
Niesche: Theater mache ich schon wesentlich länger. Mit dem Drehen habe ich erst 2010 begonnen. Bis dahin war ich durchgehend in festen Theaterengagements. Da bleibt kaum Zeit dafür. Das hat sich inzwischen geändert, und das eine Jahr bei der Telenovela „Rote Rosen“ war ganz toll und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Inzwischen mache ich beides sehr gerne. Aktuell ist es sehr schön, zu Hause in Köln auf der Bühne zu stehen und die freie Zeit am Tag in der Wahlheimat optimal zu nutzen. Gerade lerne ich Text für die nächste Produktion in Frankfurt. Ich kenne das Theater am Dom und seine Leitung auch schon lange. Dort stand ich 2012 erstmals auf der Bühne.
Wie unterscheidet sich die Arbeit auf der Bühne und vor der Kamera?
Niesche: Es ist ein großer Unterschied, ob ich vor 400 Leuten auf der Bühne stehe, oder ob alles ganz dicht vor der Kamera passiert. Da muss man mit der Stimme und der körperlichen Präsenz ganz anders arbeiten. Beim Drehen läuft alles viel reduzierter ab, auf der Bühne überhöht man dagegen alles, um das Publikum im Saal optimal zu erreichen. Im Theater probt man auch deutlich länger, vor der Kamera soll alles dagegen eher spontan wirken. Die Kamera sieht genau, ob etwas echt und authentisch ist. Das sind beides ganz eigene Kunstformen, die für sich stehen.
Welche Beziehung haben Sie zu ihrer Wahlheimat Köln?
Niesche: Das hat sich vor zwölf Jahren so ergeben. Ich war davor auch schon in anderen Städten wie Koblenz am Rhein zu Hause und wollte nun in die Großstadt am Rhein, da hat sich Köln angeboten. Ich mag die Leute in dieser Stadt, die sehr nett und offen sind. Da wird man schon direkt zu Beginn so empfangen, als würde man schon immer dazu gehören. Inzwischen verstehe ich es gut, warum man sagt „Köln ist ein Gefühl“