Gesellschaft Eine Gefahr für die Demokratie

Köln · „Antifeminismus beschreibt nicht jede Art von Feminismus-Kritik. Es handelt sich vielmehr um eine politische Agenda, deren Ziel es ist, die Teilhabe aller Menschen an gesellschaftlichen und demokratischen Prozessen zu verhindern oder diese einzuschränken”, definiert Julia Haas vom Projekt „Spotlight - Antifeminismus erkennen und begegnen“ der Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz ein gesellschaftliches Phänomen, das auch immer wieder zu Gewalttaten gegen Frauen und queere Menschen führt.

Die Schau gibt Einblicke in das Themenfeld Antifeminismus und ordnet das Phänomen ein – historisch, gesellschaftlich und politisch.

Foto: Stephan Eppinger

Zusammen mit dem Kölner NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok) beleuchtet Spotlight im Gewölbe des EL-DE-Hauses am Apppellhofplatz das Thema bis zum 2. Februar in einer eigenen Sonderausstellung. Die Schau gibt grundlegende Einblicke in das Themenfeld Antifeminismus und ordnet das Phänomen ein – historisch, gesellschaftlich und politisch: Sie betrachtet Antifeminismus nicht nur als Gegenbewegung zu Feminismus, sondern als grundlegende Ideologie in patriarchalen Gesellschaften.

Gleichzeitig stellt die Ausstellung Fragen nach der historischen Kontinuität von Antifeminismus und beleuchtet die Auswirkungen antifeministischer Mobilisierungen. Dabei lädt sie zum Reflektieren und zur eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema ein, denn immer wieder werden Bezüge zu den Lebenswelten der Besucherinnen und Besucher hergestellt.

Ausstellung soll Gefahren durch Antifeminismus sichtbar machen

„Der Fokus der Ausstellung liegt auf der bundesdeutschen Gesellschaft, zeigt aber auch immer wieder lokale Beispiele aus Köln und NRW. Es ist die erste deutsche Schau, die das in diesem Umfang umsetzt”, sagt Kurator Ilja Gold. „Unser Ziel ist dabei, die Gefahren durch Antifeminismus sichtbar zu machen und über das Thema aufzuklären. Denn hier wird versucht, feministische Anliegen und Positionen wie das Streben nach mehr Gleichberechtigung gezielt und bewusst zurückzudrängen. Dabei ist diese auch immer ein Gradmesser für die Demokratie”, sagt Haas.

Zur Ideologie der rechtsextremen und christlich fundamentalistischen Bewegungen zählt auch die eindeutige Rollenverteilung der Geschlechter. „Dabei wird ein enges gesellschaftliches Korsett gefordert, das nur eine festgelegte Form für Männer und Frauen zulässt. Die Auflösung der traditionellen Geschlechtervorstellungen wird nicht toleriert und Menschen, die diese Freiheiten leben, werden zu den natürlichen Feinden. Gleichzeitig wird versucht, die eigenen extremen Vorstellungen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft zu tragen”, erläutert die Kuratorin.

In der Ausstellung finden sich verschiedene Themeninseln, die unterschiedliche Dimensionen und Ebenen des Antifeminismus aufgreifen und den Besuchern vorstellen. Zu Beginn gibt es eine Einführung, die den Begriff Antifeminismus vorstellt und zeigt, dass dieses Phänomen nicht nur eine Gegenbewegung, sondern eine eigenständige Ideologie ist. Dazu gehören auch ein Gruppenchat mit Experten und Betroffenen, die über Angriffe auf ihre Person berichten.

In der ersten Themeninsel geht es darum, wie Mitbestimmung und politische Partizipation verhindert werden sollen. Eine Collage aus Zeitungsausschnitten und Onlinebeiträgen thematisiert zum Beispiel Angriffe auf Politiker und mit einem Quiz können Besucher ihr Wissen zum Thema testen. Ein Zeitstrahl zeigt, dass Antifeminismus über eine lange historische Kontinuität verfügt.

Bei der zweiten Themeninsel geht es um Themen wie Schwangerschaftskonflikte und Abtreibungsgegner, wie beim ersten Kölner „Marsch für das Leben“, bei dem Abtreibungen mit Mord und Holocaust gleichgesetzt wurden. Zu den Hintergründen gehören hier auch Verschwörungstheorien, wie die vom gesellschaftlichen Austausch, bei dem die weiße europäische Gesellschaft von Einwanderern unterwandert wird. Die Schuld daran geben die Rechtsextremen dem Feminismus, der beschuldigt wird, für niedrige Geburtenraten zu sorgen. Hier zeigt sich, wie antifeminististische Ideologien nahtlos mit Rassismus und Antisemitismus verschmelzen.

Die dritte Themeninsel blickt auf die Feindlichkeit gegen queere Menschen, die ebenfalls Teil des Antifeminismus ist, der diesen Menschen alle gesellschaftlichen Rechte abspricht. Gezeigt werden Gewaltorte in Köln und NRW sowie eine erschreckende Liste mit Gewalttaten gegen queere Menschen aus dem Vorjahr. Im interaktiven Teil kommen Experten aus Bildungs- und Beratungsstellen zu Wort, die über ihre Arbeit berichten.

Die letzte Themeninsel zeigt, dass Antifeminismus Teil einer rechtsextremen Ideologie ist, die auf traditionelle Geschlechterrollen pocht und die auch bereit ist, wie bei den Attentaten in Halle, Hanau oder Christchurch ihre Sichtweise mit brutalen Terrorattacken durchzusetzen. Dazu kommt ein weiterer Raum, der „Gewalt als Werkzeug“ thematisiert. Dort kommen auch prominente Frauen wie Claudia Roth oder Charlotte Roche zu Wort, die gegen sie gerichtete rechte Hasskommentare vorlesen.

Service: Ausstellung „Antifeminismus - eine politische Agenda“, bis zum 2. Februar im Gewölbe des NS-Dok am Appellhofplatz 23-25; Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18, Sa+So 11-18 Uhr; Eintritt: 4,50, ermäßigt 2 Euro.