Interview Vom Filmprojekt zum Orchester

Köln. · Am 12. März kommt das Moka Efti Orchestra zum Konzert ins Kölner Gloria. Von der Formation stammt der Filmsong „Zu Asche, zu Staub“ bei Babylon Berlin.

Das Moka Efti Orchestra kommt im März ins Kölner Gloria und präsitiert dort das Debütalbum „Erstausgabe“.

Foto: Gern/Joachim Gern

Manchmal dreht sich die Welt auf eigenartige Weise. Dinge passieren, die man unmöglich vorhersehen kann. Als der Regisseur Tom Tykwer im Jahr 2016 den Musiker und Komponisten Nikko Weidemann bat, sich um die Szenenmusik für die Serie „Babylon Berlin“ zu kümmern, ahnte wohl keiner von beiden, dass daraus drei Jahre später ein eigenständiges Orchester gedeihen würde, dessen Debütalbum „Erstausgabe“ wie ein Knotenpunkt der populären Musik der letzten einhundert Jahre klingt. Unsere Zeitung sprach vor dem Kölner Konzert mit dem Saxofonisten Sebastian Borkowski.

Der Ursprung des Moka Efti Orchestra liegt im Auftrag von Tom Tykwer, die Szenenmusik für die Serie „Babylon Berlin“ zu liefern.

Sebastian Borkowski: Ja, der Auftrag ging an Nikko Weidemann und Mario Kamien, die mich einluden, beim Orchestrieren zu helfen und die Musik zu arrangieren. Es ging bei diesem Auftrag nicht um klassische Filmmusik, sondern um die Szenenmusik, also Musik für Szenen, in denen tatsächlich Musik im Bild stattfindet. In den 20er Jahren spielte Musik eine ganz entscheidende Rolle. Sie wurde live gespielt, in den Caféhäusern, Bars und Nachtlokalen Berlins. Für die Studioaufnahmen stellten wir das Ensemble, das Moka Efti Orchestra, aus Musikern der Berliner Jazzszene zusammen. Neben der Arbeit im Tonstudio waren wir dann tatsächlich auch Teil der Filmaufnahmen. Die Regisseure fanden es wichtig, eben keine Statisten an Musikinstrumenten, sondern die Musiker am Filmset zu haben, die die Musik auch aufgenommen hatten.

Haben Sie dann auch live gespielt oder wurden ihre Aufnahmen eingespielt?

Borkowski: Die Aufnahmen wurden, wie es an Filmsets üblich ist, über Lautsprecher eingespielt. Dazu aber spielte das Orchester „Zu Asche, zu Staub“ live, was wiederum von Schauspielern, Tänzern und Statisten begeistert aufgenommen wurde. Wohl weil es eher unüblich am Filmset ist, dass so etwas passiert. Die Schauspieler sangen mit, fast wie in einem Live-Konzert. Diese spontanen O-Töne fanden später tatsächlich den Weg in die Szene.

Würden Sie als Musiker gerne in den 1920ern gelebt haben?

Borkowski: Ich bin sehr zufrieden, hier und heute Musiker zu sein. Ich bin sehr hoffnungsvoll, was den Stellenwert guter Livemusik in der Gesellschaft heute betrifft. Die Menschen kommen gerne zu Live-Konzerten, viele Festivals sind regelmässig ausverkauft. Neben der Faszination für die 20er Jahre, die natürlich durch die Arbeit für „Babylon Berlin“ noch verstärkt wurde, interessieren mich persönlich sehr die späten 60er und die 70er Jahre. Ich bin mit Jazz und Jazzrock aufgewachsen, der in dieser Zeit sehr spannend war, sehr direkt, ehrlich, sehr energetisch.

Wie haben Sie die Musiker für das Projekt gefunden?

Borkowski: Alle Musiker sind langjährige Kollegen und Freunde aus der Berliner Musikszene. Ich bin Saxofonist und arbeite mit den verschiedensten Künstlern. So entwickelt sich über die Jahre ein Netzwerk vieler hervorragender Musiker, und wir konnten für unser Projekt die Allerbesten anfragen. Wir sind sehr froh, dass diese wunderbaren Musiker mit dabei sind. Damals im Rahmen der Aufnahmen zu „Babylon Berlin“, live auf der Konzertbühne und auch jetzt auf unserem Debut-Album.

Jetzt einige Jahre später geht mit „Erstausgabe“ das Debüt an den Start?

Borkowski: Genau, für uns die logische Fortführung dessen, was mit den Aufnahmen für „Babylon Berlin“ begann. Es gibt auf „Erstausgabe“ ein paar Songs, die bereits auf dem Soundtrack zur Serie zu hören waren, „Zu Asche, zu Staub“ ist natürlich dabei. Dazu kommen Songs, die wir für die Serie geschrieben und produziert haben, die es aber nicht in den Film bzw. auf den Soundtrack zur Serie geschafft haben, weil sie zum Beispiel „dem Film-Schnitt zum Opfer gefallen“ sind. Und es gibt natürlich Songs, die speziell für dieses Album neu entstanden sind. Auf „Süsse Lügen“ haben wir den wunderbaren Moritz Krämer am Mikrofon, einen der Sänger der Band „Die Höchste Eisenbahn“. Mit „Snake-Together Alone“ gibt es einen Song, komponiert von Nikko Weidemann und Mona Mur, der in der Vergangenheit bereits Teil des Soundtracks zu Fatih Akins Film „Gegen die Wand“ war. Für „Erstausgabe“ und das Moka Efti Orchestra neu arrangiert und gesungen von Severija Janusauskaite.

Was erwartet die Kölner beim Konzert im Gloria?

Borkowski:Zur „Erstausgabe“-Tour gibt es im natürlich neue Songs zu hören! Ausserdem arbeiten wir an einem neuen Lichtkonzept und Bühnenbild, das wir dem Artwork unseres Albums angepasst haben. Das „Gloria“ ist ein Ort, an dem wir im Rahmen unserer ersten Tour 2019 ein wahnsinnig tolles Konzertpublikum erlebt haben. Deshalb freuen wir uns jetzt sehr, am 12. März wieder dort zu spielen! Das Publikum scheint uns sehr gewogen zu sein in der Region. Auch das Konzert im Düsseldorfer „Capitol Theater“ vor wenigen Monaten war ein absolutes Highlight für uns. In diesem Zusammenhang: Neben Köln spielen wir am 9. März in der Essener „Lichtburg“. Dies ist eins der wenigen Konzerte bei dem Moritz Krämer spontan mit uns auf der Bühne stehen wird.

Service: Das Moka Efti Orchestra kommt bei seiner aktuellen Tour am Freitag, 13. März, ins Gloria an der Apostelnstraße 11 in Köln. Die Karten kosten 42,60 Euro.