Kultur „Wenn wir Bilder betrachten, erfahren wir auch immer etwas von uns selbst“
Köln · Menschen haben die Angewohnheit, wenn sie bestimmte Formen erkennen, diese sofort zu einem fertigen Bild zu ergänzen. So werden aus markanten Felsformationen Tiere oder auch historische Persönlichkeiten.
Gerne erinnern solche Felsen an Wesen aus der Welt der Mythen und Märchen. Da kommen Hexen und Drachen genauso ins Spiel wie der Teufel.
Genau damit spielt die Kölner Künstlerin Nora Hansen bei ihrer aktuellen Ausstellung „Subconscious“, die noch bis zum 14. Oktober in der Artothek zu sehen ist. Im Zentrum steht eine großflächige Bodenarbeit aus Stoff, die sich am besten von der Empore betrachten lässt. Dazu kommen Zeichnungen, Skulpturen und handbestickte Objekte.
In ihnen erscheinen die Bildwelten wie in einem Scherenschnitt als Leerstellen, bei denen das Dargestellte nur über die Konturen erkannt und seine weitere Ausgestaltung durch den Betrachter ergänzt wird. Formen und Fragmente orientieren sich an gegenständlichen Abbildungen, die lose arrangiert sind und die durch die Wahl der Materialien flüchtig wirken. Collagen und Gestaltungstechniken, die mithilfe von fast absichtslosen Bewegungen entstehen, greifen die Prinzipien des automatischen Schreibens auf und verdichten sich zu Grafiken, Skulpturen und textilen Arbeiten. Ihre Entschlüsselung regt kognitive Prozesse an, in denen die Leerstellen gefüllt, Muster entdeckt und Systematiken erkannt werden.
So entstehen scheinbar unfertige, sich im Prozesse befindliche Arbeiten, die den Betrachter einladen, sich aktiv zu beteiligen, um so die Fragmente mit der eigenen Erfahrungswelt kognitiv zu ergänzen, wodurch ein ganz individuelles Kunstwerk geschaffen wird. Dabei spielen auch die eigenen unbewussten und unterbewussten Bildwelten und Erzählungen eine entscheidende Rolle. Vor Ort besteht die Möglichkeit, die so gewonnene Erkenntnisse auf einer von der Künstlerin gestalteten Schreibvorlage festzuhalten.
„Die Arbeit auf dem Boden bezieht sich ganz bewusst auf den Raum in der Artothek. Es geht um die Beziehung zwischen dem Betrachter und dem Kunstwerk. Es stellt sich die Frage, was Menschen reizt, ein Kunstwerk zu betrachten. Die Collage bot sich an, da der Raum mit seiner mittelalterlichen Fassade und den Fenstern hier mit der postmodernen Ausstellungsarchitektur zusammenkommt. Spannend ist die Sicht von der Empore auf das Werk. Von dort kann man in die mystischen Bildwelten regelrecht eintauchen. Der Blick auf das Werk erinnert an den Blick auf eine spiegelnde Wasseroberfläche, die wie im Märchen den Blick in eine andere Welt oder auf sich selbst erlaubt. Denn wenn wir Bilder betrachten, erfahren wir auch immer etwas von uns selbst“, sagt Nora Hansen, die 2014 ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Rosemarie Trockel abgeschlossen hat.