Geschichte Keltenzauber und Klostermedizin
Köln · Die Kölner Altstadt hat den Ruf, ein echter Partyhotspot zu sein. Das zeigen beispielsweise die unzähligen Junggesellinnen- und Junggesellenabschiede, die regelmäßig durch die Kneipen und Brauhäuser ziehen.
Doch die Altstadt ist auch ein Ort der Kultur - das Senftöpfchen und das Hänneschen-Theater haben dort genauso ihren Sitz wie die Philharmonie und künftig auch das Museumszentrum Miqua.
Da passt es gut, dass im Schatten von Groß St.-Martin vor zwei Jahren das private Medizinhistorische Museum seine Pforten für die Besucher geöffnet hat. Zum Museum gelangt man über die schöne Altstadtgasse Auf dem Rothenberg, die direkt auf die romanische Kirche zuläuft. Dort, wo früher in der Diskothek „Kauri-Keller“ die Partyfans getanzt haben, geht es auf eine Reise vom Keltenzauber über die Antike und die Klostermedizin bis zur Corona-Pandemie der Jetztzeit.
Museum als kultureller Gegenpol zur Partyhochburg Altstadt
Entstanden ist das kleine Museum mit seiner 100 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche im Keller durch die private Initiative von Dr. Manuela Mirschenz. „Ich habe das Museum mitten in der Corona-Zeit eröffnet. Das war nicht einfach, aber ich habe mich erfolgreich durchgekämpft. Das Museum ist ein kultureller Gegenpol zur Partyhochburg und kommt bei den Anliegern, wie der Bürgergemeinschaft Altstadt gut an. Auch Kölner, die die Altstadt sonst meiden, kommen hierher“, erklärt Mirschenz.
In der Regel ist es nicht die Laufkundschaft, die das Museum besucht. “Ich habe viele gezielte Anfragen für Besuche und Führungen. Das sind dann zum Beispiel Pflegefachschulen oder Seminare der Uni. Dazu kommen auch Menschen von außerhalb, die zum Beispiel für einen Kongress nach Köln gekommen sind. „Das, was ich hier zu Themen wie Krankheiten oder dem Körper zeige, geht aber jeden von uns etwas an.“
Insgesamt gibt es mehr als 160 medizinische Museen in Deutschland, darunter auch große wie an der Berliner Charité. „Jedes Museum hat sich spezialisiert, vom Tuberkulose- bis zum Röntgen- und Apothekenmuseum. Bei mir geht es um die medizinische Archäologie. Auch in Köln wurde bei Ausgrabungen schon viel gefunden.“
Das eigene Museum war schon immer der große Traum von Manuela Mirschenz, die Marketing und Kommunikation studiert, als Werbekauffrau gearbeitet und sich dann den Traum vom Archäologiestudium erfüllt hat. „Da kamen dann zwei Fäden in einem Projekt zusammen - die Wissenschaftlerin und der kreative Agenturkopf. Ich hatte zuvor auch schon im LVR-Museum in Bonn gearbeitet und war an Forschungsprojekten beteiligt.“
Für das Museum hat Mirschenz eine eigene kleine Sammlung zum Thema aufgebaut und verbindet in der Ausstellung Originale mit Zertifikat mit Repliken und digitaler Präsentation. „Mir ist wichtig, dass die Besucher ein Aha-Erlebnis verspüren und emotional angesprochen werden.“ Erkunden kann man das Museum bei einem Rundgang auf eigene Faust mit einem kostenlosen Audioguide oder bei Führungen. Dazu kommen verschiedene Seminare und Workshops zu bestimmten Themen und Epochen.
Direkt zu Beginn können die Besucher die frühe Vergangenheit mit der Moderne vergleichen. So wird ein Feldarztbesteck einem medizinischen Besteck auf der Steinzeit gegenübergestellt und Aspirin trifft auf Weidenrinde - beides gute Schmerzmittel. Der Rundgang selbst ist chronologisch und beginnt bei der europäischen Naturapotheke der Vorzeit.
In der Antike bestimmten griechische Heilgötter wie Asklepios das Geschehen. Der nach ihm benannte Schlangenstab ist bis heute das Symbol der Medizin. Die Asklepios-Heiligtümer waren die ersten Kurorte der Geschichte mit einer guten Infrastruktur, mit Thermen und Gästehäusern sowie Sport- und Kulturanlagen. Die Medizin als Wissenschaft entstand unter Hippokrates, der die erste Medizinschule gründete. Er forschte und ermöglichte so die medizinische Diagnostik.
Die Römerzeit ist in Köln allgegenwärtig. So wurden in der Domstadt 16 der 100 bekannten Arztgräber entdeckt, was auf eine gute medizinische Versorgung der antiken Stadt schließen lässt. Zu sehen sind zum Beispiel medizinische Instrumente, die durchaus Ähnlichkeit mit modernen Skalpellen haben. Gefunden wurden bei Ausgrabungen auch Reste von Militärkrankenhäusern, die immer den gleichen Grundriss haben. Sie waren bei großen Legionslagern wie in Bonn oder Xanten üblich. In Köln gab es hier bislang noch keine passenden Funde.
Eine weitere Station des Rundgangs ist die mittelalterliche Klostermedizin. Jedes Kloster hatte die Verpflichtung, Kranken zu helfen und sie zu pflegen. Dabei spielten Kräuter und ihre heilende Wirkung eine zentrale Rolle. In den Klöstern wurde so auch antikes Wissen aus der Medizin gerettet. Dieses findet sich zum Beispiel im Lorscher Arzneibuch. Zu den bekannten Vertreterinnen der Zeit gehörte Hildegard von Bingen. Aber auch das Wissen anderer Frauen, wie das der Hebammen, war wichtig. Allerdings brachte dieses den Frauen in der Männerwelt, wie bei der Hexenverfolgung, größte Schwierigkeiten.
Zum Abschluss finden sich die Themenbereiche Chirurgie und Seuchen. Dort geht es um uralte OP-Methoden wie die Amputation oder um Krankheiten wie Pest und Cholera. Auch der Corona-Pandemie wird eine eigene Ecke der Erinnerung gewidmet. Einen Blick wert ist zudem der kleine Kräutergarten des Museums.
Service: Medizinhistorisches Museum, Auf dem Rothenberg 9-11, Köln. Öffnungszeiten: Mo 11-14, Mi-Sa 13-18 Uhr, Sonntag: Führung nach Vereinbarung. Eine Einlassgarantie besteht nur nach vorheriger Reservierung. Eintritt: 9 (ermäßigt 7) Euro.