Marlo muss ausziehen

Die Gewag droht einer 65-jährigen Mieterin mit rechtlichen Schritten, falls sie ihren Sennenhund nicht abschafft.

Burscheid. Zehn Jahre alt ist Marlo - und ein prächtiger Kerl. Nicht zuletzt wegen seiner Sanftmütigkeit trotz seiner enormen Größe ist der Berner Sennenhund laut Frauchen Erika Lupp der Star am Birkenweg in Hilgen. "Das ist der beliebteste Hund in der ganzen Siedlung. Jedes Kind spielt mit ihm." Alle könnten ihn kämmen, anfassen und streicheln.

Doch der Liebling vieler Kinder und auch Erwachsener in der ganzen Gegend muss bald ausziehen. Die Gewag Wohnungsaktiengesellschaft als Eigentümerin will es so: "Sollten Sie den Hund nicht abschaffen wollen, werden wir unserer Mandantin raten, ein entsprechendes gerichtliches Verfahren einzuleiten", schreibt die Rechtsanwaltspraxis Rubensdörffer & Kollegen und setzt der 65-Jährigen, die an einem Hüftschaden leidet, eine Frist: Bis zum 12. August müsse das Tier weg.

"Meinen Hund gebe ich nicht ab", erklärt die Hilgenerin kämpferisch, auch wenn sie einräumt, einen Fehler gemacht zu haben, als sie die Wohnung der Gewag vor anderthalb Jahren angemietet habe. Tatsächlich habe sie den Mietvertrag nicht blindlings unterschrieben, sondern von dem Passus 12 darin gewusst: "Die Hundehaltung ist in unseren Häusern nicht gestattet", steht dort. Auch sei sie bei der Besichtigung von dem Verantwortlichen darauf hingewiesen worden, dass ein Hund nicht erwünscht sei.

"Ich habe ihn ja auch erst nicht mitgenommen", erklärt sie. Obwohl ihr das sehr schwer gefallen sei: Der Mann von Erika Lupp war gerade nach einem langjährigen Krebsleiden gestorben. Tochter Marion, die in Peyersmühle wohnt, habe Marlo zu sich genommen. "Doch da nahm er immer mehr ab. Er will nur bei mir fressen." Um den Zustand des Tieres besorgt, nahm sie den Berner Sennenhund doch zu sich. Von da an ging es wieder bergauf - mit beiden.

Das Glück der Wiedervereinigung hatte erst ein Ende, als die Gewag ihr vor kurzem - anderthalb Jahre nach dem Einzug - eine Beschwerde der "unerlaubten Tierhaltung" zustellte. Erika Lupp antwortete und fügte eine Unterschriftenliste von Bewohnern aus der Umgebung bei: "Mein Hund ist sehr, sehr sanftmütig und wird von allen Mietern, insbesondere den Kindern, sehr geliebt. Marlo verschönert mir mein Alter und gibt meinen Leben einen Sinn. Bitte haben Sie Verständnis für meine Situation und genehmigen Sie mir nachträglich die Haltung meines Hundes." Die Antwort kam prompt - vom Anwalt der Gewag.

"Wir haben in der Vergangenheit sehr viele Probleme mit der Haltung von Hunden gehabt", erläutert Uwe Manthei, Abteilungsleiter bei der Gewag für Vermietungsangelegenheiten. Wenn in manchen Wohnsiedlungen plötzlich unangeleinte Kampfhunde zwischen spielenden Kindern auftauchten, müsse man rigoros und verbindlich für alle handeln. "Und bei Frau Lupp handelt es sich explizit um einen Vertragsbruch." Sie habe den Mietvertrag, die Hausordnung und die Zusatzvereinbarung ignoriert.