Notstand am Rosendienstag
Es gibt Momente, da bricht sich gnadenlos Bahn, was Bergische und Rheinländer trennt. Ein Gradmesser für diese kulturelle Demarkationslinie ist die Entschiedenheit, mit der der Karneval als unverrückbarer Bestandteil des Menschseins definiert wird.
Burscheid. Wenn der Stadtrat zur letzten Sitzung des Jahres zusammenkommt, dann liegt auf dem Tisch stets auch der Sitzungskalender für das kommende Jahr. Ganz am Schluss der Beratungen, unter dem Tagesordnungspunkt "Anfragen von Ratsmitgliedern", meldete sich am Dienstag zaghaft Harald Wolfert von den Grünen zu Wort: Ob der Verwaltung eigentlich bewusst sei, dass sie die nächste Ratssitzung für den Rosendienstag angesetzt habe?
Der Mann sagte tatsächlich Rosen- und nicht Veilchendienstag, was schon allein für das Ausmaß der Irritation spricht, die der Terminvorschlag der Verwaltung in der Kommunalpolitik ausgelöst hatte.
Weitaus irritierender war dann aber die Reaktion der Verwaltungsbank: nicht etwa ein entschuldigender Kniefall vor dem Nubbel, verbunden mit der Versicherung, zu dessen Verbrennung am Ende der Session 2007/2008 alle Sitzungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Nein, der Bürgermeister versuchte allen Ernstes, den Termin noch zu verteidigen. Es sei ohnehin schon schwierig, einen passenden Tag zu finden. Und der Beigeordnete könne am Donnerstag nach Karneval nicht. Und. . .
Doch es gibt Themen, da lässt die Politik nicht mit sich Schlitten fahren. Im Handumdrehen bildete sich eine Große Koalition der Brauchtumsretter. Mit zwei kurzen, aber scharfen Büttenreden beharrten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD auf einer Verschiebung der Ratssitzung.
Die findet nun am Tag nach Aschermittwoch statt. Dann soll der Haushalt eingebracht werden. Und Bürgermeister und Kämmerer werden ihre Reden halten. Ein Tusch nach jeder Pointe ist dann nicht mehr zu erwarten.