Reise in die Seele des Werks und des Orchesters
Der OVH offenbart mit seinem Opernprogramm die Wunderwelt seiner Klangmöglichkeiten.
Altenberg. Wenn man beschreiben sollte, was den Orchesterverein Hilgen (OVH) ausmacht, wird man schnell auf die Neugierde und Experimentierlust kommen. Seit Jahren treibt den Dirigenten Johannes Stert die Frage um, welche Klangfarben seinem sinfonischen Blasorchester noch entlockt werden könnten. Und seine liebste Spielwiese der jüngeren Zeit ist dabei die Welt der Oper.
Beim Jubiläumskonzert im vergangenen Jahr wurde das schon deutlich und setzte sich am Sonntag beim Auftritt im Altenberger Dom fort. Die Sorge des Vorstands, ob die Anmietung weiterer Stühle lohne, erwies sich im Übrigen als überflüssig: Burscheids Premiumorchester kann mittlerweile überall mit vollem Haus rechnen.
Die Arrangements für das Blasorchester nimmt Stert längst in die eigene Hand und beweist dabei grandioses Gespür. Im Begleittext zum Programm ist treffend beschrieben, dass es ihm auf diesem Weg nicht um eine möglichst identische Kopie des Ursprungs gehen kann. Er strebt vielmehr an, das Wesen eines Werkes zu erfassen und dieses dann mit den Möglichkeiten eines Blasorchesters auszudrücken. Wenn man so will, führt die Reise in die Seele der Komposition zugleich ins Innerste des OVH und entdeckt dabei die Wunderwelt seiner Klangmöglichkeiten.
Sie im Altenberger Dom zu entfalten, ist nicht ohne Risiko. Der Nachhall birgt die Gefahr eines undifferenzierten Klangbreis. Die kluge Stückauswahl erspart dem Publikum diese Erfahrung weitestgehend. Stattdessen wirkt das Orchester durch die besondere Akustik gerade in den hinteren Reihen, wo es von den Musikern nicht mehr viel zu sehen gibt, auf bewegende Weise entrückt.
Dieser Schwebezustand der Musik funktioniert zum Beispiel bei den Zwischenspielen aus Benjamin Brittens Oper „Peter Grimes“ sowohl bei der zarten Morgendämmerung (Dawn) als auch im majestätischen Mondlicht (Moonlight) und selbst bei der Übertragung zweier Klavierwerke von Brahms. Und wenn das Crescendo des OVH das gotische Gewölbe erreicht, werden aus Richard Strauss’ „Träumereien am Kamin“ (dessen Wärme man im Dom gut gebrauchen könnte) schnell Schwärmereien in einer Klangwolke.
Mit Wagners Walküre-Auszug „Wotans Abschied und Feuerzauber“ knüpft der OVH schließlich wie schon mit Benjamin Britten an sein Innsbruck-Konzert vom Juli dieses Jahres an. Dort wie hier ist ihm die abschließende Begeisterung des Publikums gewiss.
Lange hatte das Orchester auf den bergischen Dom als Aufführungsort verzichten müssen. In diesem Jahr ist es dank der evangelischen Nutzer wieder möglich geworden. Bereits 2014 soll es eine Fortsetzung geben — dann unter Einbindung der Orgel.