SPD: Rekordzahlen in Burscheid
Bodo Jakob sieht neue Mitglieder als Chance. Er hofft, sie wollen nicht nur „Nein“ zur Groko sagen und austreten. Er befürwortet die Neuauflage.
Burscheid. Heute läuft die Frist ab. Die Frist, in die SPD einzutreten und noch das Recht zu haben am Mitgliederentscheid teilzunehmen, über Wohl und Wehe der Groko mit CDU und CSU zu entscheiden.
Und die möglichen Gegner der Groko rennen den Sozialdemokraten die Tür ein. Allein in NRW wurden nach Handelsblatt-Informationen 3800 Online-Mitgliedsanträge gestellt - die in Papierform sind noch nicht mitgerechnet. Das passiert nicht nur in den großen Bezirken, sondern auch in den Kleinen, wie Bodo Jakob, Ortsvereinsvorsitzender der SPD in Burscheid, weiß. Allein sieben Mitglieder sind im Januar in den Ortsverein eingetreten. „Eine Eintrittswelle, wie ich sie in meiner 14-jährigen Zeit als Ortsvereinsvorsitzender noch nie erlebt habe“, sagt Jakob. Im vergangenen Jahr, das für die SPD schon ungewöhnlich stark war, seien in Burscheid etwa zehn bis zwölf Mitglieder eingetreten, erinnert sich Jakob. Bei knapp 100 im Ortsverein insgesamt.
Für den Lokalpolitiker ist die hohe Zahl an Eintritten nicht mit einem automatischen Nein für die Groko verbunden. Es gebe ja zwei Möglichkeiten. Die eine sei eben, dagegen zu stimmen. Die andere sei aber, dass sich die neuen Mitglieder für die politische Willensbildung einsetzen könnten und „Gegnern der Großen Koalition nicht das Feld überlassen wollen“. Darauf hofft Jakob. Allein rein rechnerisch geht er davon aus, dass Zweiteres realistisch ist. Immerhin seien nur zwei Neu-Mitglieder unter 35 und somit rechnerisch Jusos. Aber auch, weil sich die Mitglieder gründlich über die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen informieren können. Die Transparenz sei groß.
Die bisherigen Ergebnisse der Verhandlungen sprechen aus Sicht Jakobs für ein Ja zur Groko - das werde er bei Diskussionsrunden auch vertreten, sagt er. Und dabei sei eines der wichtigsten Themen noch nicht entschieden - die sachgrundlose Befristung. „Im November 2017 hatten wir in Burscheid dazu in unserer Mitgliederversammlung einen Antrag formuliert und über den Kreisparteitag an die Bundestagsfraktion weitergeleitet“, blickt Jakob zurück. Das Thema ist ihm wichtig. „Alle familienpolitischen Leistungen verpuffen, wenn junge Menschen von einer Befristung in die nächste stolpern. Auch junge Menschen sehnen sich nach Sicherheit und einer stabilen Lebensplanung.“
Daneben hat Jakob auch pragmatische Gründe für seine Zustimmung. Ohne Regierung, ohne Haushalt, könnten Fördermittel nicht herausgegeben werden. „Dabei brauchen wir die Städtebauförderung damit es an anderer Stelle weitergeht“, sagt Jakob.
Man könne doch nicht einfach weiterwählen, bis herauskommt, was einem passe, so Jakob. Man müsse den Wählerwillen respektieren und zu einem Ergebnis kommen - auch wenn das dem Scheitern von „Jamaika“ geschuldet sei. Die Absage an die Große Koalition nach der Wahl nennt er „Führungsschwäche“, auch wenn das am Wahlabend ob der Enttäuschung verständlich gewesen sei.
Viele spekulieren, dass die neuen Mitglieder die Sozialdemokraten wieder verlassen nach der Stimmabgabe gegen den Koalitionsvertrag. Jakob glaubt das hingegen nicht. Er denkt, dass wenn die Mitglieder merken, dass sie etwas bewegen können, mitentscheiden können, sie der Partei treu bleiben. Die falsche Entscheidung sei nicht die für die Groko - sondern die, zuvor nicht die SPD gewählt zu haben, findet er.