Staatsanwalt ermittelt wegen fahrlässiger Tötung
Ein Behinderter wurde beim Baden im LVR-Heim so verbrüht, dass er später starb. Der Träger hat sich von der Pflegekraft getrennt.
Burscheid. Sonntag, 22. Dezember 2013, es ist der vierte Advent. Im Heilpädagogischen Heim des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) an der Bürgermeister-Schmidt-Straße lässt eine Pflegekraft Wasser einlaufen, um einen der geistig behinderten Bewohner zu baden. Was dann geschieht, ist bis heute Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Köln. Der Vorwurf lautet auf fahrlässige Tötung.
Unstreitig ist, dass der Behinderte bei dem folgenden Bad schwere Verbrühungen erleidet und in die Unfallklinik Köln-Merheim eingeliefert werden muss. Zunächst ermittelt die Polizei gegen die Pflegerin daher wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Doch drei Monate später, am 28. März 2014, erliegt der Heimbewohner in der Klinik in Merheim seinen Verletzungen.
Der Obduktionsbericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Köln spricht laut Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer von „Multiorganversagen nach Verbrühung“. Seinen 48. Geburtstag hatte der Behinderte noch in der Klinik erlebt, die er bis zu seinem Tod nicht mehr verließ. Seither wird gegen die heute 31-jährige Frau wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.
„Straftaten gegen das Leben: 1“ — so nüchtern vermerkt die am 11. März dieses Jahres vorgestellte Kriminalitätsstatistik 2014 der Kreispolizei den Vorfall mit tödlichem Ausgang, der in seinem Ursprung mittlerweile knapp anderthalb Jahre zurückliegt, aber bisher nicht öffentlich wurde.
Das Arbeitsverhältnis mit der Pflegekraft sei mit sofortiger Wirkung beendet worden, teilt der Landschaftsverband im Zuge der BV-Recherchen mit. Auch habe man „als Reaktion auf den tragischen Vorfall mit geeigneten Maßnahmen reagiert und im Hinblick auf die besonderen Umstände des Vorfalls die Mitarbeitenden nochmals sensibilisiert“.
Ansonsten gibt es seitens des Trägers mit Hinweis auf das laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das laufende Haftpflichtverfahren keine weitergehenden Informationen.
Aber es gibt eine Reihe offener Fragen: Wie ist es überhaupt möglich, dass eine Pflegekraft beim Wassereinlassen nicht bemerkt, dass die Wassertemperatur viel zu heiß ist? Und hat der Heimbewohner nicht mit Schreien reagiert, als er mit dem Wasser in Berührung kam? Nach Aussage von Oberstaatsanwalt Bremer hat die Beschuldigte angegeben, für sie sei das Wasser nicht auffällig heiß gewesen. Und der Bewohner sei aufgrund seiner Behinderung offenbar nicht in der Lage gewesen, sich verbal zu äußern. Angeblich war an dem Wasserhahn auch die Arretierung defekt, die die eingeleitete Wassertemperatur sonst begrenzt.
Für die Staatsanwaltschaft ist ein Ende des Ermittlungsverfahrens derzeit noch nicht abzusehen. Licht ins Dunkel soll jetzt ein kürzlich in Auftrag gegebenes pflegefachliches Gutachten bringen. Der beauftragte Sachverständige soll sich darin sowohl der Sachausstattung und Personalstruktur der Einrichtung als auch den konkreten Umständen widmen, die schließlich zum Tod eines Bewohners geführt haben — Folge des unbegreiflichen Verlaufs eines einfachen Wannenbades.