Stadtvater der Blüte liegt vergessen in Rindenmulch
Historikerin Marie-Luise Mettlach kritisiert den Zustand des Grabes von Bürgermeister und Ehrenbürger Wilhelm Schmidt (1864 - 1936).
Burscheid. Die Stadt ist im Umbruch. Der Blick ist nach vorne gerichtet. Millionen sollen in den kommenden Jahren investiert werden, um vielen Bereichen in Burscheid ein neues Gesicht zu geben. Das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept (IEHK) mit entsprechenden Förderbeträgen macht es möglich.
Begonnen werden soll womöglich im kommenden Monat mit der oberen Hauptstraße. Sie soll eine moderne Einkaufsstraße werden, in der die Besucher der Geschäfte viele Läden zumeist ebenerdig betreten können. Statt der Dominanz des Autos soll die Aufenthaltsqualität für Fußgänger zählen. Und natürlich auch den Einzelhandel nach vorne gebracht werden. Auch im Verlauf der weiteren Umgestaltungen spielt dieser Blick auf eine — überspitzt gesagt — neue Stadt eine große Rolle.
Doch ausgerechnet in dieser Zeit wird jemand nicht angemessen gewürdigt, der der Stadt Burscheid etwa vor 100 Jahren einen Boom bescherte: Bürgermeister Wilhelm Schmidt (1864 - 1936). Das zumindest sagt die Stadthistorikerin Marie-Luise Mettlach: „Das ist eine Katastrophe“, beschreibt die Burscheiderin den Zustand des Grabs auf dem Friedhof unweit des Haupteingangs.
Marie-Luise Mettlach Stadthistorikerin
Aktuell sei die schlichte Grabplatte immerhin mit Rindenmulch umsäumt. Sonst seien es Erde und Unkraut, die den Charakter des Grabs ausmachten. „Das ist eine Schande für die Stadt“, sagt die Verfasserin des Buchs „Aufs Schild geschaut“, in dem sie dem ehemaligen Stadtvater ein eigenes Kapitel mit der Bürgermeister-Schmidt-Straße gewidmet hat. Dort schildert sie: „Wilhelm Schmidt, am 9. August 1864 geboren und 1894 zum Bürgermeister von Burscheid ernannt, wird die eigentliche Stadtentwicklung Burscheids verdankt. Während seiner vierunddreißigjährigen Amstzeit erlebte die 1856 zur Stadt erhobenen Gemeinde eine nicht voraussehbare Blüte.“
Er habe Burscheid in das 20. Jahrhundert geführt. Und selbst wenn das über 100 Jahre her sei, müsse eine Stadt dem Mann ein würdiges Andenken bewahren. Das sei die Grabstätte nicht. Und geradezu zynisch sei es, dann noch ein Schild mit dem Hinweis „Grabpflege Stadt Burscheid“ darauf zu stellen.
Doch Marie-Luise Mettlach habe auch Verständnis für die Stadt, möglicherweise aus finanziellen Gründen keine aufwendige Grabpflege zu betreiben. „Aber dann sollte man mal über einen anderen Weg nachdenken.“ Über eine Schale auf dem Grab oder womöglich sogar über eine Würdigung an anderer Stelle — nicht nur auf einem Straßenschild.
Stadtsprecherin Renate Bergfelder-Weiss verweist darauf, dass das Grab regelmäßig vom Friedhofsamt betreut werde. „Das wird in planmäßigen Abständen gepflegt.“