Start mit halb fertigem Businessplan

Vom 29. August bis zum 2. September gibt es die c/o pop. Gestartet ist das Kölner Musikfestival vor 15 Jahren. Was sich verändert hat, erklärt Norbert Oberhaus.

Foto: dpa/Eppinger

Wie ist vor 15 Jahren die Idee zur c/o pop entstanden?

Norbert Oberhaus: Ich bin seit 25 Jahren im Musikgeschäft und habe auch noch die goldenen Zeiten in den 90ern erlebt, in denen man damit richtig Geld verdienen konnte. Als die Popkomm weg war, ging es darum, eine Lücke zu schließen. Und wir wollten nach zehn Jahren Engagement für den Aufbau des Stadtgartens als Club etwas Neues beginnen. Der Weg nach Berlin kam nicht in Frage, dafür waren wir zu sehr Lokalpatrioten. Mit viel Leidenschaft sind wir dann mit der c/o pop an den Start gegangen.

Und mit einem nur halb fertigem Businessplan.

Oberhaus: Ich bin von Haus aus BWLer und weiß heute, wenn der Plan fertig geworden wäre, hätte es die c/o pop wohl nicht gegeben. Die Chancen auf den wirtschaftlichen Erfolg waren zu Beginn ziemlich gering. Aber getrieben durch die Leidenschaft haben wir trotzdem ein 17-tägiges Festival auf die Beine gestellt und wir haben in der Stadt etwas bewegt. Dafür gab es von außen viel Zuspruch. Inzwischen ist die c/o pop etabliert und erfolgreich — natürlich gab es in den vergangenen Jahren auch Höhen und Tiefen.

Was waren die größten Veränderungen in dieser Zeit?

Oberhaus: Wir haben die Festivaltage von 17 auf fünf reduziert. 2009 haben wir mit den Open Airs auf dem Offenbachplatz und den beiden Konzerten in der Philharmonie den vorläufigen Höhepunkt erreicht. Es war das Jahr der großen Erfolge, aber auch der Fehlentscheidungen. Der Terminwechsel wegen der Gamescom in den Juni war falsch, auch wegen der großen Fußballturniere wie WM und EM. Die thematische Umkehr von der Musik- zur Kreativwirtschaft hat sich zudem als Fehler erwiesen. Damals haben Veranstaltungen wie das Reeperbahnfestival durch uns eine Lücke aufgezeigt bekommen, die sie genutzt haben. Mittlerweile sind wir zurück beim alten Termin und auch thematisch ging es zurück zu den Wurzeln. Musikalisch haben wir uns geöffnet für die Gitarrenmusik der Indieszene. Früher lag der Fokus sehr stark auf elektronischer Popmusik.

Was waren Ihre Highlights in den vergangenen 15 Jahren?

Oberhaus: Dazu gehören auf jeden Fall die Philharmonie-Auftritte von Beirut und The Notwist 2009. Großartig war im gleichen Jahr auch der Auftritt von The Whitest Boy Alive auf dem Offenbachplatz. In Erinnerung geblieben ist außerdem der Auftritt von M.I.A. im Gloria, wo das Publikum die Bühne gestürmt hat. Unvergessen sind zudem Phoenix auf dem Dach der Messe und Paul Kalkbrenner im Jugendpark sowie Janelle Monáe am Tanzbrunnen.

Aktuell gibt es viele Veränderung in der Kölner Clubszene, wie dem Abriss des Underground. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Oberhaus: Natürlich sind viele Clubs verschwunden, aber es gab mit dem Yuca im Clubbahnhof Ehrenfeld, dem Heinz Gaul, dem Bumann & Sohn oder Helios 37 auch Neuzugänge. Insgesamt ist die Clubszene in den vergangenen zehn Jahren eher stärker geworden.

Norbert Oberhaus

Viele Bands sind über die c/o pop in ihre große Karriere gestartet.

Oberhaus: Ja, das gilt für AnnenMayKantereit genauso wie für Roosevelt oder für Woman. Auch internationale Bands wie Phoenix, The Arcade Fire und Franz Ferdinand waren bei uns, bevor sie ihren Durchbruch geschafft haben. Es ist wichtig, jungen Bands eine Plattform für Auftritte und die Chance, entdeckt zu werden, zu geben. Das passiert zum Beispiel bei unserem Supersamstag im Belgischen Viertel mit ungewöhnlichen Auftrittsorten und freiem Eintritt.

Was sind für Sie die Höhepunkt in diesem Jahr?

Oberhaus: Ich freue mich sehr, dass die Beginner nach Köln zurückkehren. Sie waren schon in unserem ersten Jahr bei uns. Auch über The Notwist in der Philharmonie freue ich mich sehr. Dazu kommt auf jeden Fall auch der Supersamstag im Belgischen Viertel.

Was ist neu in diesem Jahr?

Oberhaus: Wir kooperieren mit dem Verein Mittendrin und wollen so Menschen mit Beeinträchtigungen unterstützen. Es wird bei den Beginnern am Tanzbrunnen beim gesamten Konzert einen Gebärdendolmetscher für Gehörlose geben.

Was müssen Sie für die Zukunft des Festivals tun?

Oberhaus: Wichtig ist auf jeden Fall, immer die Augen und Ohren offenzuhalten, um auf einen sich stetig wandelnden Festivalmarkt immer wieder neu reagieren zu können. Auch das Ausgehverhalten der Menschen hat sich verändert, dem müssen wir Rechnung tragen. Wichtig ist zudem, unser Team jung zu halten, so dass wir immer wieder neue Einflüsse von außen bekommen.

Was sind Ihre größten Wünsche für die c/o pop?

Oberhaus: Ein Konzert im Dom mit einem entsprechend zeitgemäßen Konzept wäre auf jeden Fall ein Traum. Das gilt auch für die Rückkehr zum Offenbachplatz, als Location für Open Airs.

Wie ist Köln als Musikstadt aufgestellt?

Oberhaus: Köln hat in den vergangenen Jahren gegenüber Hamburg und Köln wieder etwas aufgeholt, aber durch die europäische Brille betrachtet gibt es viele Städte in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, die rasant aufholen. Köln mag sich als Musikstadt bezeichnen — will sie aber eine relevante bleiben, müssen mehr Anstrengungen unternommen werden.

Service: c/o pop, 29. August bis zum 2. September. Locations sind unter anderem der Tanzbrunnen, die Philharmonie und der Stadtgarten als Festivalzentrale. Das Festivalticket für alle Tage kostet 75 Euro. Es gibt auch Tagestickets. Diese kosten im Vorverkauf zwischen 22 und 36 Euro. Weitere Infos zum Programm und zu den Festivaltickets gibt es online unter:

c-o-pop.de