Vom weißen Rössl bis zum Hammerklavier im Schloss

Das Kulturprogramm in Leverkusen für den Februar und März bringt eine große Vielfalt an Genres und Persönlichkeiten in die Stadt.

Foto: Schuck

Leverkusen. Das Spektrum des Leverkusener Kulturprogramms reicht in den kommenden Wochen von klassischen Konzerte und Kleinkunst bis zu Gastspielen aus dem Bereich Schauspiel.

Am 20. Februar ist das Singspiel „Im weißen Rössl“ ab 19.30 Uhr zu Gast im großen Saal des Forums. Es gab Zeiten, da fuhr der Mensch, wenn er seinen Urlaub in exotischen Ländern verbringen wollte, nach Österreich. An den Wolfgangsee zum Beispiel, ins Hotel „Zum weißen Rössl“, wo man vor traumhafter Bergkulisse die Sommerfrische verbrachte. Der Wolfgangsee liegt im Salzkammergut, wo man bekanntlich „gut lustig“ sein kann. Besonders dann, wenn mit den Urlaubern aus Berlin herzliche Ruppigkeit und freche Berliner Schnauze auf den berühmten Schmäh des österreichischen Hotel-Personals treffen: Zahlkellner Leopold ist verzweifelt, als seine angebetete Chefin, die Rössl-Wirtin Josepha, ein Auge auf den Berliner Rechtsanwalt Siedler wirft. Siedler wiederum interessiert sich mehr für Ottilie, die Tochter des Trikotagen-Fabrikanten Giesecke, die er aber eigentlich mit Sigismund Sülzheimer, dem Sohn von Gieseckes Konkurrenten, verkuppeln soll. Sigismund kann zwar nichts dafür, „dass er so schön ist“, ist aber in Klärchen, die Tochter des Professors Hinzelmann verliebt. Da braucht es „Im weißen Rössl“ mindestens den Auftritt Seiner Majestät des Kaisers, um solche Liebeswirren zu beruhigen. Mit dem Ensemble des Theaters Göttingen, das das Leverkusener Publikum bereits mit „Frankie Boy“ kennenlernte, hat Tobias Bonn — Sänger, Schauspieler, Regisseur und Mitbegründer der „Geschwister Pfister“, die mit großem Erfolg in der Festhalle Opladen zu Gast waren — das berühmte Singspiel herrlich turbulent und komisch auf die Bühne gebracht.

Am 28. Februar kommt das Schauspiel „Geächtet“ ab 19.30 Uhr in die Opladener Festhalle. Amir Kapoor, New Yorker Wirtschaftsanwalt, in Pakistan geboren, glücklich verheiratet mit der Künstlerin Emily, ist im Begriff, den größten Karrieresprung seines Lebens zu machen. Amir und seine Frau haben Amirs afroamerikanische Anwaltskollegin Jory und deren jüdischen Mann Isaac, Kurator am Whitney Museum und an Emilys Werk interessiert, zur Dinner-Party in ihre schicke Upper East Side-Wohnung eingeladen. Doch plötzlich entwickelt sich das, was als freundliche Unterhaltung beginnt, rasch in eine gefährliche Richtung und eskaliert. Danach ist nichts mehr, wie es vorher war.

Der Autor, Regisseur und Schauspieler Ayad Akhtar, Amerikaner mit pakistanischen Wurzeln, hat mit „Geächtet“ ein bewegendes, brandaktuelles Stück geschrieben und verbindet auf kongeniale Weise das Genre Boulevardkomödie im Stil Yasmina Rezas mit psychologischem Drama, das an Albees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ denken lässt. Akhtar setzt sich dabei mit Klischees und den unterschwelligen Vorurteilen einer gehobenen Mittelschicht über religiöse oder ethnische Zugehörigkeiten auseinander, mal subtil und witzig, mal nachdenklich, mal provozierend. „Disgraced“ wurde nach seiner Uraufführung in Chicago 2012 am Lincoln Center in New York aufgeführt und gewann 2013 den renommierten Pulitzer Preis in der Kategorie Theater. Mit der Deutschen Erstaufführung im Januar 2016 am Schauspielhaus Hamburg eroberte das Stück auch die deutschsprachigen Bühnen und wird an zahlreichen Theatern gespielt. In einer Inszenierung des Alten Schauspielhauses Stuttgart geht „Geächtet“ nun zum ersten Mal auf Tournee.

Am 3. März ist Kabarettist René Steinberg ab 19.30 Uhr zu Gast im Opladener Scala. Unsere moderne Welt wird organisiert, rationalisiert, optimiert — aber wird sie auch menschlicher? Und was ist das überhaupt? Mutig, tiefgehend, aber vor allem puppenlustig stellt Steinberg in seinem neuen Kabarettprogramm die entscheidende Frage: was ist der Mensch? Was treibt ihn an? Warum kann er sich nicht merken, ob er jetzt das Bügeleisen ausgestöpselt hat? Wieso vergessen Männer ihre Frauen auf Autobahnraststätten? Wie oft fragt sich Angela Merkel, was sie überhaupt hier wollte?Steinberg erkennt: in einer Welt, die immer perfekter zu sein glaubt, ist gerade das Unperfekte unsere stärkste Kompetenz. Schließlich wurde Penicillin nur entdeckt, weil das Labor nicht aufgeräumt wurde! Wo heute der „Faktor Mensch“ als letzte Fehlerquelle gilt, will Rene Steinberg den Fun-Faktor Mensch stärken.

Am 4. März ist Christine Schornsheim mit ihrem Hammerklavier ab 11 Uhr zu Gast in Schloss Morsbroich. Ihr Instrument ist das klingende Dokument einer „ZeitenWende“ — des Übergangs nämlich vom Cembalo zum modernen Konzertflügel. Nichtsdestotrotz ist es, wie viele Bemühungen gerade der letzten Jahre gezeigt haben, alles andere als ein bloßes Übergangsphänomen: Sein schlanker, obertonreicher Klang eröffnet ganz neue Perspektiven auf die Musik einer Zeit, die dem modernen Flügel mit seinem gewaltigen Klangvolumen eher misstrauisch gegenübergestanden hätte. Für das Repertoire des späten 18. Jahrhunderts konnte mit Schornsheim eine der bedeutendsten Interpretinnen auf historischen Tasteninstrumenten gewonnen werden. Sowohl als Solistin wie auch mit renommierten Ensembles und Kammermusikpartnern ist sie regelmäßig Gast wichtiger Konzertreihen und Festivals.

Am 14. März kommt Nijinski — das Ballett von Marco Goecke ab 19.30 Uhr ins Forum. Es erzählt von dem Tänzer und Choreographen Waslaw Nijinski, einem der außergewöhnlichsten Künstler des 20. Jahrhunderts, von seinem Leben, vom Zauber und Wert des Tanzes und davon, wie nah Kunst und Wahnsinn beieinander liegen können. Als Tänzer bei den Ballets Russes unter Sergej Diaghilew verkörperte Nijinski Rollen, die noch immer für die Tanzgeschichte von großer Bedeutung sind, und der bis heute kaum erreichte Theaterskandal seiner Uraufführungs-Choreographie zu Strawinskys „Le sacre du printemps“, 1913 in Paris, lässt seine visionäre künstlerische Tragweite erahnen. Goecke, Hauschoreograph des Stuttgarter Balletts und Associate Choreographer des Nederlands Dans Theater, hat sich in den letzten Jahren zu einem weltweit gefragten Choreographen entwickelt — geschätzt für seine prägnante, avantgardistische Tanzsprache und den Mut, ästhetische Grenzen zu sprengen.

Am 21. März ist Frank Goosen ab 19.30 Uhr zu Gast im Opladener Scala. Der Mensch kommt auf die Welt und wundert sich. Und das hört nicht auf, bis er diese Welt wieder verlässt. Findet jedenfalls Frank Goosen. Schon als Kind versteht man nicht, wieso alles so groß ist und die anderen alles dürfen, man selber aber gar nichts. Später fragt man sich, wieso nur die anderen die schönen Frauen oder Männer abbekommen. Und dass es andere Fußballvereine gibt, mag ja angehen, aber wieso haben die auch noch Fans? Wieso gibt es „vegane Hotels?“ Fliegt man da aus dem Wlan, wenn man „Schnitzel“ googelt? Warum hängen die Kinder Fotos ihrer Lehrer auf und holen dann die Dartpfeile aus dem Keller? Goosens neue Leseshow widmet sich den schwer verständlichen Absurditäten des Alltags, vom Wahlplakat über verwirrende Werbung für Fleischereien, fachfremdes Publikum im Fußballstadion und renitente Rentner in der Bäckerei. Wer hat das angeordnet? Wohin soll das alles führen? Was kann man dagegen tun? Vor allem aber: Was ist da eigentlich los?

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