Wie Bongo zum Lebensretter wurde

Im Urlaub auf Wangerooge hilft der Hund von Michael Lingens einer Frau, die einen Schlaganfall hatte.

Burscheid. Dass Bongo, der als aggressiv bekannte Hund aus dem Tierheim einmal ein Menschenleben retten könnte, daran hat wohl niemand geglaubt. Der zwölf Jahre alte Labrador-Podenco-Mischling ist seit dem jüngsten Urlaub von Herrchen Michael Lingens (40) aber ein Held.

Lingens, der in Burscheid als Physiotherapeut arbeitet und in Blecher wohnt, ist kürzlich mit seiner Schwester Claudia (38) nach Wangerooge gereist. Bei einem Spaziergang passiert es: „Da saß eine ältere Frau mit dem Rücken zu uns regungslos im nassen Sand, das war schon etwas komisch“, erinnert sich Lingens. Andere Passanten machen sich über die Frau lustig oder empören sich, dass so früh morgens schon jemand scheinbar betrunken ist.

Auch Michael und Claudia Lingens wollen weitergehen, aber Bongo bleibt bei direkt neben der älteren Dame stehen, bellt und knurrt Michael Lingens an. „Das macht er eigentlich nie, er ist ganz ruhig“, sagt der 40-Jährige. Als sich Bongo partout nicht rühren will, geht er zu seinem Hund. „Der hat die Frau auch angebellt, ich dachte, dass die vielleicht Angst bekommt“, sagt Michael Lingens.

Als er bei Bongo ist, erkennt der Physiotherapeut, was los ist: Die Wange der Frau hängt schlaff runter, die linke Seite ist gelähmt — sie hatte einen Schlaganfall. Schnell eilt Claudia Lingens zur Hilfe. Die Geschwister holen den Notarzt, warten, bis der Rettungshubschrauber da ist.

„Der Arzt hat gesagt, dass die Frau wohl wegen der schnellen Hilfe keine großen bleibenden Schäden haben wird“, sagt Michael Lingens und lobt seinen Hund: „Das hat Bongo toll gemacht.“ Er hat der Frau das Leben gerettet. „Ich muss gestehen, dass ich wie die anderen Leute auch vorbeigegangen bin — ich habe die Frau ja nur von hinten gesehen“, sagt der 40-Jährige. Er sieht seinen Hund als Helden.

Seit 2007 ist Bongo bei Michael Lingens, der ihn aus dem Tierheim in Opladen geholt hat. Als er mit dem Golf spielen aufhört, sucht der 40-Jährige eine andere Möglichkeit, sich an der frischen Luft zu bewegen. „Ich habe angefangen Hunde im Tierheim auszuführen. Alle haben mich ausgelacht, weil ich eigentlich Angst vor Hunden habe“, erzählt der 40-Jährige.

Nachdem er ein Jahr lang Pate von Bongo ist, nimmt er ihn mit zu sich. „Er stammt aus Ungarn und ist als viel geschlagen worden, deshalb ist er anfangs sehr aggressiv gewesen, aus Angst.“ Noch heute fürchtet sich der Hund, wenn jemand die Hand bedrohlich hebt oder wenn Kinder einen Ball werfen. „Das tolle ist aber, dass Hunde jede Situation neu erleben und neu bewerten, wie mit der Frau am Strand“, sagt Michael Lingens begeistert.

Für sich hat er diese Offenheit als Vorbild genommen. „Meinen Schülern an der Physiotherapieschule habe ich die Geschichte erzählt und gesagt, dass sie ihr Wissen, was die Erste Hilfe angeht, jederzeit anwenden können müssen“, sagt Lingens. Er und seine Schwester, eine Zahnmedizinische Fachangestellte, sind quasi Profis. „Wir haben direkt gehandelt und gar nicht darüber nachgedacht.“

Wie es der Frau mit dem Schlaganfall heute geht, weiß Michael Lingens nicht, denn er hat keine Telefonnummer hinterlassen. Er und seine Schwester halten Hilfe für selbstverständlich. „Das soll sich niemand verpflichtet fühlen, sich zu bedanken.“ Ein Star ist Bongo trotz der Bescheidenheit seines Herrchens während des Urlaubs geworden: „Die Geschichte hat sich verbreitet und dann durften wir manchmal in Läden, in denen Hunde eigentlich verboten waren.“