Wiever erobern den Stadtschlüssel beim Rathaussturm
Die Flower-Power-Damen haben jetzt das Sagen in Burscheid. Und ausgerechnet ein Mann wird an Weiberfastnacht geehrt: Fritz Jansen.
Burscheid. Trotz zahlreicher männlicher Unterstützer musste sich Bürgermeister Stefan Caplan den Burscheiderinnen geschlagen geben. Pünktlich um 11.11 Uhr standen die dollen Wiever vor dem zum Rathaus umfunktionierten Schützenhaus und wollten nur eins: den Stadtschlüssel.
Passend zum diesjährigen Rathaussturm-Motto „Love, Peace & Rock’n’Roll“ forderten die Frauen: „Mit geballter Flower-Power kämpfen wir für Frauen-Power. Hey Bruder, nimm es nicht so schwer und gib’ uns deinen Schlüssel her.“
Caplan, unterstützt von seinen Mitarbeitern Christoph Haendeler und Siegfried Kempf, versuchte noch, sich zu wehren. Aber seine Gegenrede — „Frauen an die Macht? Das habt ihr euch so gedacht!“ — hielt die Jecken nicht davon ab, ihm immer näherzukommen, bis der Bürgermeister keine Chance mehr hatte.
Nach wenigen Minuten hatte Petra Wengenroth den Schlüssel in ihrer Hand und dann gab es kein Halten mehr. Die Party im großen Saal konnte beginnen — mit Kölsch, Würstchen und Karnevalsmusik.
Für die sorgt bereits seit sechs Jahren Klaus-Peter Mihm. „Besonders beliebt sind ,Viva Colonia’ und ,En unserem Veedel’“, weiß der DJ. Für dieses Jahr hatte er sich noch etwas Besonderes ausgedacht.
„Um 16 Uhr spiele ich ,Ich hab’ nen Helikopter’ und verteile vorher 200 Handtücher.“ Die Jecken konnten nachmittags ihr Handtuch dann wie einen Helikopter schwingen. Neben allen Karnevalshits spielte Mihm auch Hits aus den 70ern.
Flower-Power bestimmte auch die Kostüme. Schlaghosen, große Sonnenbrillen, Blumenketten und schrille Farben waren ein Muss. Doch auch Clowns, Bienen und Polizistinnen tanzten und schunkelten und freuten sich über Auftritte der Bergischen Spatzen, der Sportler von Family-Fitness und des Burscheider Swingmusikers Engelbert Wrobel.
Stefan Caplan und Freundin Eva kamen im Partner-Outfit, bestehend aus Glitzer-Pailletten. Eva Salamon ist besonders begeistert von dem Brauchtum. „Bei uns gab es immer Karnevalsbälle, bei denen man sich schicke Abendkleider anzog“, erzählt die gebürtige Polin, die inzwischen keinen Rosenmontagszug auslässt.
„Wir gehen auch jedes Jahr auf zwei Sitzungen“, sagte Caplan, den die jecken Weiber auch nach dem Sturm noch neben sich duldeten. Schließlich ehrte der Bürgermeister das Karnevals-Urgestein Fritz Jansen, der sich in den karnevalistischen Ruhestand verabschiedet, mit einem Orden und einer Rede.
Im vergangenen Jahr noch stand der Burscheider, der im August 90 Jahre alt wird, im 32. Jahr auf der Bühne und hielt seine Büttenrede als „De Schwaadlappen“. Diesmal stieg der Bürgermeister für Jansen in die Bütt.
„Vor so viel Einsatz zieh’ ich meinen Hut. Was Ddu machst, machst du einfach gut“ — so lautete ein Lob auf den Mann, der schon Burscheider des Jahres war und sich sein ganzes Leben lang engagiert. Dem 89-Jährigen gefiel die Party: „Für Karneval ist man nie zu alt“, sagte Jansen, der stilecht mit Narrenkappe erschien.
Manfred Idel, Vorsitzender der Schützen, freute sich, dass die Party im Schützenhaus wieder gut angenommen wurde. Schließlich hatte er viel organisiert und das, obwohl es immer schwieriger sei, Freiwillige zu bekommen.
Vereinsmitglied Angelika hatte beispielsweise drei Monate an der Blumen- und Schmetterlings-Deko im Raum gebastelt. „Wir machen das für unsere Stadt und unseren Verein gern“, sagte Idel und versprach, dass die Jecken 2013 wiederkommen dürfen.