Zivis für sechs Monate will keiner

Kürzerer Dienst: Die sozialen Einrichtungen hoffen auf freiwillige Verlängerung oder wollen ganz auf den Einsatz verzichten.

Burscheid. Schon ab 1. Juli soll die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate gelten. Zwar können Zivildienstleistende auf Drängen der Wohlfahrtsverbände freiwillig um drei bis sechs Monate verlängern. Aber dennoch herrschen bei den Trägern Unverständnis und Sorge. Viele planen schon für eine Zeit ohne Zivildienstleistende.

Beispiel Altenzentrum: Sieben Zivildienststellen gibt es auf der Schützeneich, verteilt auf die Wohnbereiche, den sozialen Dienst und die Haustechnik. Nur zwei Stellen sind momentan besetzt. Künftig, so Leiterin Birgit Hoferichter, werde man bei Bewerbungen für den Pflegebereich sehr genau auf die Person und ihre Vorerfahrungen schauen "und immer nach einem Interesse auf Verlängerung fragen". Bei der Haustechnik sei die Verkürzung nicht so entscheidend.

Doch eine nur halbjährige Dienstzeit lohnt sich schon wegen des hohen Verwaltungsaufwandes kaum. Zivildienstbeauftragter Markus Mosch rechnet vor, dass allein die endgültige Genehmigung im Hin und Her zwischen dem Kölner Bundesamt und der Düsseldorfer Verwaltungsstelle vier bis sechs Wochen in Anspruch nimmt.

Mehr und mehr stellt das Altenzentrum daher auf Schüleraushilfen um. Die derzeit 16 Schüler zwischen 17 und 19 Jahren mit einem auf zwei Tage verteilten Kontigent von sechs Stunden pro Woche helfen bei den häuslichen Arbeiten, spielen mit den Bewohnern, lesen Zeitung vor oder decken den Tisch.

Beispiel Arbeiter-Samariter-Bund: "Wir werden weiterhin Zivildienstleistende beschäftigen, die sich auf mindestens neun Monate verpflichten", sagt Sabine Bungart. Gerade wegen der Betreuung von Grundschülern mit Behinderung sei ihr aber eine einjährige Dienstzeit am liebsten. Derzeit sind beim ASB acht Zivis beschäftigt, eine Reihe von ihnen an vier Grundschulen in Wermelskirchen und Witzhelden sowie an der Martin-Buber-Schule in Kuhle.

Beispiel Megaphon: Leiter Manfred Zenses will auch nach der Dienstzeitverkürzung versuchen, Zivis zu bekommen, "die ein Jahr bleiben". Zwei Zivildienstleistende hat das Megaphon, die im Racingcenter, im allgemeinen Betrieb und in der Verwaltung eingesetzt werden. "Wir sind auf Zivis angewiesen." Einzige Alternative wäre die Umstellung auf Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres. Aber auch die muss man erst einmal finden.

Beispiel Wohngruppe Lebenshilfe: Für Leiterin Regina Bornefeld steht fest: "Wir werden keine Zivis für ein halbes Jahr nehmen." Zum 1.August fängt an der Hauptstraße ein Zivildienstleistender an, der freiwillig neun Monate Dienst ableistet.

Alles andere macht aus Bornefelds Sicht keinen Sinn: "Das sind junge Männer im Alter von 18 bis 20 Jahren, die bisher meist keinerlei Erfahrung im Umgang mit geistiger Behinderung haben. Die brauchen erst einmal eine Einarbeitungszeit von zwei Monaten." Dazu kommen Lehrgänge und Urlaubsanspruch.

Beispiel Martin-Buber-Schule: Die Förderschule für Geistigbehinderte in Kuhle hat in Abstimmung mit dem Schulamt des Kreises bereits entschieden, dass zwei Drittel der bisher sieben Zivistellen künftig über ein freiwilliges soziales Jahr abgedeckt werden sollen. "Für uns ist eine Dienstzeit von sechs Monaten eine unhaltbare Situation", sagt Schulleiterin Gertrud Herbertz. Für die nötige Beziehungskonstanz zwischen Helfern und Schülern sei diese Zeit zu kurz. Zivis sollen nur noch zum Zuge kommen, wenn sie freiwillig verlängern.