Impfstoff blieb liegen Arzt aus NRW bietet Astrazeneca-Termine bei Ebay an - „zu verschenken“

Herford · Ein Hausarzt aus NRW hat einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um Impfstoff nicht verfallen zu lassen. Er hat das Angebot bei Ebay eingestellt.

Zwei Tage lang hat ein Hausarzt nun über die Internet-Plattform Ebay Impftermine mit Astrazeneca „zu verschenken“ an Menschen über 60 Jahre angeboten.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Um den Impfstoff von Astrazeneca nicht verfallen zu lassen, hat ein Hausarzt aus Ostwestfalen einen ungewöhnlichen Weg über Ebay gewählt. „Es wäre Wahnsinn, den zuverlässigen und wirksamen Impfstoff verkommen zu lassen“, sagte der Allgemeinmediziner und Kardiologe Peter Weitkamp aus Kirchlengern der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Nun habe er zwei Tage lang über die Internet-Plattform Impftermine mit Astrazeneca „zu verschenken“ an Menschen über 60 Jahre angeboten. Er habe 80 bis 90 Impfdosen übrig. Zuvor hatte die „Neue Westfälische“ über den Mediziner berichtet.

Weitkamp kritisierte, dass die Praxen fast nur noch Astrazeneca erhalten, das gefragte Biontech dagegen an die Impfzentren gehe. Er halte es aus medizinischer Sicht für falsch, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) Astrazeneca weiterhin nur für Menschen über 60 Jahre empfehle. Es gebe zudem auch zahlreiche unter 60-Jährige, die Astrazeneca haben wollten. Laut Bund-Länder-Beschluss müssen sich diese Jüngeren dann alleinig an die Praxen wenden, in den Impfzentren wird Astrazeneca Menschen unter 60 Jahren nicht mehr gespritzt. Viele Praxen seien aber in Sorge wegen Haftungsfragen, betonte Weitkamp. „Der Staat zieht sich aus der Haftung. Stattdessen sollen die niedergelassenen Ärzte haften, das ist ein Skandal.“

Der Impfstoff werde als gut für Menschen über 60 Jahre angesehen, aber zunehmend bei Patienten problematisiert und abgelehnt, hieß es beim Hausärzteverband Nordrhein. Eine Ebay-Aktion sei allenfalls problematisch, wenn Geld genommen werde. „Ansonsten ist jeder verimpfte Impfstoff besser als ein weggeworfener.“ Sinnvolle Wege könnten auch etwa Drive-in-Angebote vor Einkaufszentren sein.

Die Belieferung der Praxen laufe „sehr schleppend“, klagte der Verband. „Das gilt insbesondere für den Impfstoff Biontech.“ Auch aus einer Praxis im Bergischen Land hieß es, Biontech werde gezielt überwiegend an die Impfzentren geliefert, weil es dort immer weniger Zulauf gegeben habe seit die Hausärzte vor einem Monat in die Impfkampagne eingestiegen waren.

Seine Praxis erhalte kaum noch Biontech, er habe das Impfen nahezu eingestellt, schilderte Internist Weitkamp. Ab kommender Woche werde er die Astrazeneca-Restbestände denen verabreichen, die sich auf sein Ebay-Angebot hin gemeldet hatten. Außerdem spitze er Astrazeneca an Erstgeimpfte, die das Präparat vor mehreren Wochen schon erhalten hatten und es nun erneut - trotz gegenteiliger Empfehlung von Stiko und Politik - haben wollen.

Astrazeneca habe zu Unrecht ein schlechtes Image, sagte Weitkamp. Das führe dazu, dass viele noch nicht Geimpfte über 60 Jahre nun in die Impfzentren strömten, um sich dort Biontech abzuholen. „Das ist unsolidarisch. Die Alten nehmen den Jungen den Biontech-Impfstoff weg.“

Die Stiftung Patientenschutz mahnte, „nicht Alt gegen Jung auszuspielen“. Das helfe in der Krise nicht weiter. „Zentrales Problem ist, dass wir nicht genug Impfstoff haben. Es reicht noch nicht für Jedermann. Aber weder der Alte noch der Junge haben Schuld an diesem Mangel“, sagte Vorstand Eugen Brysch.

(dpa/lnw)