Debatte Streit um neues NRW-Pandemiegesetz: Das ist laut SPD „Etikettenschwindel“
Update | Düsseldorf · Die SPD-Opposition hat das neue Pandemiegesetz scharf kritisiert. Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty wird deutlich.
Die SPD-Opposition hat das von den CDU/FDP-Regierungsfraktionen vorgelegte neue Pandemiegesetz als verfassungswidrig und „bloßen Etikettenschwindel“ kritisiert. Der Entwurf schränke die Rechte des Parlaments ein, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty am Dienstag in Düsseldorf. „Und das Ganze soll uns unter dem Deckmantel der Stärkung des Parlaments verkauft werden.“
Nach Darstellung von CDU und FDP soll das Gesetz das Verhältnis von Landtag und Landesregierung in der Pandemie neu regeln. Es soll bis zum 31. Dezember 2022 gültig sein und sieht weiterhin besondere Befugnisse für die Landesregierung im Katastrophenfall vor. Der Landtag soll aber mehr eingebunden werden.
Konkret kritisierte Kutschaty, dass die sogenannte pandemische Lage als Grundlage für die Sonderbefugnisse der Regierung ebenfalls bis Ende 2022 verlängert werden solle. Derzeit ist die pandemische Lage immer nur auf zwei Monate befristet. Die Landesregierung könnte mit dem neuen Gesetz damit in weiten Teilen komplett durch Rechtsverordnungen regieren, sagte Kutschaty.
Der SPD-Fraktionschef forderte mehr Mitspracherecht des Parlaments, noch bevor die Landesregierung ihre neuen Corona-Schutzverordnungen in Kraft setze. „Wir brauchen deutlich mehr Beteiligungsrechte des Parlaments.“ Es gebe zu solchen Fällen auch seit 2012 eine entsprechende Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag.
Das bisherige Pandemie-Gesetz ermöglicht der Regierung unter anderem, medizinisches Material zu beschlagnahmen, falls es nötig wird. Es wurde im vergangenen April nach intensiver Debatte und Entschärfungen beschlossen und ist bis zum 31. März befristet.
Die im neuen Gesetzentwurf verankerte Möglichkeit des Landtags, „pandemische Leitlinien“ zu beschließen, sei „keine Stärkung der parlamentarischen Beteiligung“, so Kutschaty. Denn die Regierung solle diese Leitlinien nur „berücksichtigen“, müsse das aber nicht. Das schaffe Rechtsunsicherheit. „Was jetzt vorgelegt wurde, ist ein deutliches Weniger an parlamentarischer Kontrolle.“ Die SPD sei aber zu jeder Zeit bereit, mit der Regierung über einen „gescheiten Gesetzentwurf“ zu verhandeln.
Meldung (26. Januar, 12.02): NRW-Regierung legt Entwurf für neues Pandemiegesetz vor
Die Regierungskoalition hat den Vorschlag für ein neues Pandemiegesetz vorgelegt, das bis zum 31. Dezember 2022 gültig sein soll. Es sieht weiter besondere Befugnisse für die Landesregierung im Katastrophenfall vor, bindet aber den Landtag mehr ein. Die Novelle soll am Donnerstag in den Landtag eingebracht werden.
Das bisherige Pandemie-Gesetz ermöglicht der Regierung unter anderem, medizinisches Material zu beschlagnahmen, falls es nötig wird. Es wurde im vergangenen April nach intensiver Debatte beschlossen und ist bis zum 31. März 2021 befristet. Das neue Gesetz soll nach dem Willen von CDU und FDP gleich bis Ende 2022 gelten. Es greift allerdings nur, solange der Landtag die „Pandemische Lage“ für NRW ausruft - quasi den Corona-Katastrophenfall.
Ein neuer Passus im Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb widmet sich der stärkeren Beteiligung des Landtags, die auch von der Opposition immer wieder eingefordert worden war. „Der Landtag kann pandemische Leitlinien beschließen, die für grundsätzlich drei Monate befristet sind. Die Landesregierung berücksichtigt die vom Landtag beschlossenen Leitlinien bei den von ihr zu treffenden Entscheidungen im Rahmen des pandemischen Geschehens“, heißt es zu Beginn der Novelle.
Was die konkreten Änderungen der Coronaschutz-Verordnung angeht, soll sich die Regierung verpflichten, den Landtag vor der Verkündung zu informieren. Abnicken muss der Landtag einzelne Änderungen nicht.
Die Regierungskoalition hatte vergangene Woche angekündigt, SPD und Grüne für diesen Mittwoch zu einem Gespräch über den Gesetzentwurf einzuladen.
Im Landtag soll in dieser Woche unterdessen die besagte „Pandemische Lage“ verlängert werden. Das Gesundheitsministerium legte dafür eine Einschätzung zum aktuellen Infektionsgeschehen vor. Auch wenn der Bericht keine konkrete Empfehlung für den Landtag enthält, macht er doch klar, dass der Ausnahmezustand verlängert werden sollte.
So heißt es in dem Lagepapier unter anderem, es könne „trotz der aktuell sinkenden Infektionszahlen“ aufgrund des immer noch „erheblichen und diffusen Infektionsgeschehens und der neuen Risiken durch veränderte Virusstämme“ eine Überlastung des Gesundheitssystems in NRW nicht ausgeschlossen werden.
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