Debatte um Priorisierung PCR-Tests so knapp wie nie in NRW: Wer soll sie noch bekommen?
Düsseldorf · Mit der Omikron-Welle ist auch die Zahl der PCR-Tests in den Laboren nach oben geschnellt. Deshalb soll nun priorisiert werden. Dabei geht es auch um die Frage, wann PCR-Tests wirklich sinnvoll sind.
Mit der Omikron-Welle hat die Zahl der PCR-Tests in Nordrhein-Westfalen in der vergangenen Woche einen Spitzenwert erreicht. Wie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein am Mittwoch berichtete, sind in der dritten Kalenderwoche 2022 von den Laboren landesweit 809.375 PCR-Tests durchgeführt worden. „Damit haben wir einen neuen Spitzenwert, der auch an die Kapazitätsgrenze der Labore derzeit geht“, sagte Abteilungsleiter Holger Neye in einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch. Die Berufsverbände der Labore hätten eine Auslastung der Labore von 95 Prozent gemeldet. „Mehr als sieben Tage hat die Woche nicht“, verdeutlichte Neye. Vor diesem Hintergrund sei die aktuelle Debatte um eine Priorisierung bei den PCR-Tests wichtig.
„Wir müssen die Diskussion führen, an welchen Stellen müssen wirklich PCR-Tests gemacht werden“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Nordrhein, Frank Bergmann. Ein Beispiel sei das Bedürfnis vieler Patienten, die unbedingt mit einem PCR-Test noch einmal eine Bestätigung für ihren Genesenenstatus haben wollten - die sagten: „Ich muss wissen, dass ich hier nichts mehr habe.“ Das müsse man hinterfragen. In der Erkältungssaison mache es auch wenig Sinn, jeden, der mit einem Schnupfen komme, erst einmal mit einem PCR-Test zu versehen. Man könnte in einem solchen Fall durchaus auch in Abständen mit Schnelltests arbeiten. „Wir müssen die Frage stellen, wie oft müssen wir wirklich PCRs machen.“
Bergmann geht davon aus, dass die Labore durch die Priorisierung bei den PCR-Tests bald wieder in den Normalbetrieb zurückkehren können. In zwei Jahren der Pandemie habe es kaum eine Überlastung der Labore gegeben. Mit Omikron sei ein kurzfristiger Engpass entstanden. PCR-Tests sind nach Ansicht Bergmanns dort erforderlich, wo die Situation unklar ist und daraus möglicherweise ein Risiko entsteht.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte, immungeschwächte und weitere besonders gefährdete Patienten sowie auch deren Umfeld im Blick zu behalten. PCR-Tests seien viel genauer als Schnelltests und schon eine geringe Viruslast von Kontaktpersonen könnte für immungeschwächte Menschen zu einer Gefahr werden, sagte Vorstand Eugen Brysch. Er befürchtet, dass mit der geplanten Priorisierung bei PCR-Tests bei weitem nicht mehr alle Fälle in die Corona-Statistik einfließen und die Zahlen damit nicht mehr vergleichbar sein werden.
Wegen der sprunghaft steigenden Infektionszahlen sind die Laborkapazitäten für die besonders genauen PCR-Tests vielerorts an die Grenzen gekommen. Bund und Länder haben deshalb vereinbart, deren Einsatz auf Menschen aus Corona-Risikogruppen und Beschäftigte zu konzentrieren, die sie betreuen und behandeln - in Kliniken, Pflegeheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Zum Freitesten aus der Kontaktpersonen-Quarantäne oder Infizierten-Isolation sollen zertifizierte Antigen-Schnelltests reichen, die jedoch als weniger zuverlässig gelten.
Wegen knapper Kapazitäten und steigender Corona-Fallzahlen gelten in NRW seit Mittwoch kurzfristig Änderungen für Grundschüler bei den Lolli-PCR-Tests: Bei einem positivem Pool-Ergebnis von Lerngruppen wird nur noch mit Schnelltests nachgetestet. Die Abgabe von einzelnen PCR-Rückstellproben an die Labore entfällt - laut Schulministerium wegen starker Labor-Belastung und der von Bund und Ländern beschlossenen Priorisierung von PCR-Testungen für bestimmte Gruppen.
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