Corona: Freiwillige gesucht Covid-19-Behandlung bei Krankheitsbeginn?

DÜSSELDORF. · Die Uniklinik Düsseldorf sucht Freiwillige aus den Risikogruppen (Ältere, Vorerkrankte) für die Teilnahme an einer wichtigen Studie.

Beutel mit Blutplasma: Die in dem Plasma enthaltenen Antikörper gegen das Virus sollen die Vermehrung von SARS-COV-2 hemmen.

Foto: dpa/Christian Charisius

Wie wäre es, wenn Menschen höheren Alters oder solche mit gesundheitlichen Risikofaktoren schon im Frühstadium einer Corona-Erkrankung erfolgreich behandelt werden könnten? So dass es erst gar nicht zu einem schweren Verlauf kommt. Eben das soll eine Studie zu klären versuchen, für die die Uniklinik Düsseldorf Teilnehmer sucht. Diese könnten, wenn es gut läuft, bereits von der Therapie profitieren. Jedenfalls tragen sie dazu bei, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu vermehren.

Gesucht werden Personen, „die ein hohes Risiko für einen moderaten oder schweren Verlauf der Erkrankung haben“, wie es  Verena Keitel-Anselmino ausdrückt (zu den Kritierien siehe Infokasten). Die Leitende Oberärztin an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie der Uniklinik Düsseldorf führt mit ihren Kollegen, den Oberärzten Torsten Feldt und Björn Jensen die Studie durch.

Per Zufallsauswahl auf die Therapiegruppen  verteilt

Die Leitende Oberärztin an der Uniklinik Düsseldorf, Verena Keitel-Anselmino,  führt mit ihren Kollegen, den Oberärzten Torsten Feldt (Foto) und Björn Jensen die Studie durch.

Foto: Keitel

Insgesamt werden für die vom Bundesgesundheitsministerium finanzierte Studie fast 1000 Probanden gesucht, verteilt auf verschiedene Zentren (bislang München, Frankfurt, Freiburg und Düsseldorf). In Düsseldorf, das als erstes Zentrum startklar ist, sollen es 100 bis 150 Teilnehmer sein, die man möglichst im Januar rekrutiert haben möchte.

Foto: Feldt

Die Freiwilligen werden nach einer Zufallsauswahl einer der Studiengruppen zugeteilt. Ein Drittel erhält eine Standardtherapie bzw. ein Placebo. Zwei Drittel erhalten eine der beiden Studien-Therapieformen, von der man sich einen Durchbruch bei einer frühen Behandlung von SARS-CoV-2 Infizierten mit Risikofaktoren erhofft.

Da ist zum einen die Therapie mit der Transfusion von Rekonvaleszentenplasma, also Blutplasma, das von Personen gewonnen wurde, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 bereits überstanden haben. Die in dem Plasma enthaltenen Antikörper gegen das Virus sollen die Vermehrung von SARS-CoV-2 hemmen. Die andere Methode ist die Verabreichung des Medikaments Camostat Mesilat, das bisher nur in Japan für den Einsatz bei anderen Erkrankungen zugelassen ist. Es soll den Eintritt des SARS-CoV-2 in Zellen und damit die Vermehrung des Virus verhindern.

Für die Verwendung von Blutplasma bei Covid-19-Patienten gebe es in Amerika bereits eine Notfallzulassung, sagt Torsten Feldt, einer der Studienleiter. Dort seien bereits mehr als 80.000 Covid-Patienten so behandelt worden. In Deutschland gebe des diesbezüglich Studien, die sich aber auf Krankenhauspatienten mit schweren Verläufen konzentrieren. Hier aber geht es um die Fälle im Frühstadium der Krankheit. Aus den Behandlungsergebnissen aus Amerika gebe es Hinweise, dass der frühe Einsatz von Blutplasma wirksam sein könnte, also in den ersten drei Tagen nach der Infektion.

Generell seien die Erkenntnisse der Behandlung in der Frühphase der Erkrankung noch sehr spärlich. Als einen der Gründe sieht Verena Keitel-Anselmino an, dass die meisten hoffen, dass ihre Infektion einen milden Verlauf nehme. Was ja auch in der Mehrzahl der Fälle zutreffe. Risikofaktoren für einen schweren Verlauf wurden auch erst im Verlauf der Pandemie erkannt. Die Zahl der Fälle mit mildem Verlauf könnte durch eine frühe Behandlung noch erhöht werden, hofft sie. Torsten Feldt ergänzt: „In der Frühphase der Pandemie hat man sich auf schwer erkrankte Covid-19-Patienten konzentriert, da kann es oft zu spät sein. Da ist der logische Schluss, dass wir früh greifende Therapien für Patienten mit einem immens hohen Risiko brauchen.“

Gibt es Risiken für Studienteilnehmer? Keitel-Anselmino betont, dass das einem Teil der Studienteilnehmer verabreichte Medikament Carmostat Mesilat in Japan schon seit vielen Jahren bei chronischer Entzündung der Bauchspeicheldrüse angewandt werde. Dort habe es eher leichtere Nebenwirkungen gegeben, über die die Studienteilnehmer aufgeklärt, aber nach der Verabreichung auch entsprechend beobachtet werden.

Mit Blick auf das Blutplasma sagt Feldt, dass es hier nach den Erfahrungen mit der Notfallzulassung in den USA in weniger als einem Prozent der Fälle schwere Reaktionen bei den Patienten gab. Und auch da sei nicht immer klar, ob diese auf die Viruserkrankung oder aber die Transfusion zurückzuführen seien. Gegen die Risiken steht dann die Chance für Risikopatienten und Teilnehmer der Studie, einen schweren Krankheitsverlauf zu vermeiden.

Könnte jemand aus der Risikogruppe, der sich infiziert hat, ganz bewusst für eine der beiden neuen Therapieformen entscheiden? Und so vermeiden, dass er vielleicht nur zu der Gruppe der Studienteilnehmer gehört, die nur mit einem Placebo behandelt werden? Nein, das geht nicht, betonen die Studienleiter. Es sei gerade Sinn der Studie, die Wirksamkeit der Therapieformen im Vergleich zu überprüfen. Torsten Feldt: „Was in der Studie passiert, ist ja gerade keine bisher zugelassene Therapie.“ Hier gehe es um definitionsgemäß (noch) nicht schwer kranke Patienten. Da komme eine solche Therapie außerhalb der Zulassung im Sinne eines „Off Label Uses“ bzw. individuellen Heilversuchs nicht in Frage. Für Studienteilnehmer würden die Transporte organisiert, es gebe auch mobile Teams, die im Bedarfsfall auch Untersuchungen zu Hause machen können, sagt Feldt.