Cum-Ex und Kölner Staatsanwälte CDU und Grüne erbost auf Peter Biesenbach

DÜSSELDORF · Heftige Reaktion auf Interview in dieser Zeitung. Ex-Justizminister hatte Staatsanwälte wegen lascher Aufklärung im Cum-Ex-Steuerbetrug attackiert.

Ex-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) wirft dem Leitenden Oberstaatsanwalt Joachim Roth (Foto) und seinem Stellvertreter Gunnar Greier schwere Versäumnisse vor.

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Für Aufsehen im nordrhein-westfälischen Landtag und auch für Kopfschütteln in den Reihen seiner Parteifreunde sorgt ein Interview, das der frühere nordrhein-westfälische-Justizminister Peter Biesenbach am vergangenen Freitag dieser Zeitung gegeben hatte. Darin erklärt der CDU-Politiker seinen ungewöhnlichen Schritt, seinem Amtsnachfolger eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu schicken. Und diese auch noch öffentlich zu machen. 

Benjamin Limbach (Grüne) solle der vermuteten Verschleppung der strafrechtlichen Aufklärung in den Cum-Ex-Verfahren durch die Leitung der Kölner Staatsanwaltschaft nachgehen, fordert  Biesenbach. Er selbst hatte das Justizressort von 2017 bis 2022 geführt und sagt nun: „Es besteht die Befürchtung, dass sowohl der Leiter der Staatsanwaltschaft Köln, Oberstaatsanwalt Joachim Roth, als auch der stellvertretende Oberstaatsanwalt Gunnar Greier die zuständige Hauptabteilung der Behörde weder stützen noch unterstützen, ja, sie sogar behindern und benachteiligen.“

Bei den Cum-Ex-Verfahren geht es um Aktiengeschäfte, durch die der Fiskus um viele Milliarden Euro betrogen wurde. Biesenbach hatte seinen Schritt, sich aus dem Ruhestand und öffentlich an seinen Amtsnachfolger zu wenden, mit der Dimension des Falles als dem „größten bisher in Deutschland begangenen Steuerbetrug“ erklärt. Und damit, dass es hier eine „auch für die Öffentlichkeit erkennbare konsequente Verfolgung der Straftäter“ geben müsse. Die er bei der Leitung der Kölner Staatsanwaltschaft nicht wahrnehme.

Biesenbachs Parteifreundin Angela Erwin, rechtspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, sagt nun gegenüber dieser Zeitung: „Selbstredend hat jeder Bürger das Recht, eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu erheben. Jede wird ernst genommen und geprüft, ungeachtet des Beschwerdeführers. Das Ergebnis der Prüfung gilt es nun abzuwarten. Ob es ratsam ist, als ehemaliger Justizminister und Dienstherr solche Vorwürfe im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeachwerde zu erheben, mögen andere beurteilen. Dafür wären auch andere Mittel und Wege möglich gewesen.“

Der frühere Justizminister Peter Biesenbach (CDU) belastet in einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft.

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Die schwarz-grüne Landesregierung bekämpfe den Cum-ex-Skandal „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“, versichert Erwin. Der durch Cum-ex angerichtete Schaden belaufe sich weltweit auf rund 150 Milliarden Euro, davon fast 36 Milliarden Euro Schaden in Deutschland. Erwin: „Geld, das unsere Gesellschaft dringend benötigt für den weiteren Ausbau von Sicherheit, Verkehrs-/ Daten- und Netz-Infrastruktur, Wohnraum, Arbeitsplätze, Sozialprojekte und eine generationsgerechte Zukunft.“

Die rechtspolitischen Sprecherinnen Angela Erwin (CDU, li.) und Dagmar Hanses (Grüne).

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Während sich Angela Erwin gegenüber dem aus Amt und Landtag ausgeschiedenen Parteifreund noch in ihrer Wortwahl zurückhält, ist der grüne Koalitionspartner der CDU in NRW weniger zurückhaltend. Dagmar Hanses, Sprecherin für Rechtspolitik der Grünen-Landtagsfraktion: „Der ehemalige Justizminister des Landes schadet durch sein Agieren grundlos dem Vertrauen in die Justiz und der strafrechtlichen Aufarbeitung dieses riesigen Steuerskandals. Peter Biesenbach war bis letztes Jahr selbst als Dienstherr für die Justiz verantwortlich. Dass er jetzt die Kölner Staatsanwaltschaft so massiv angreift, ist aus unserer Sicht unverständlich und ganz schlechter Stil.“

Für die Grünen und auch den von ihnen gestellten Justizminister Limbach habe die Verfolgung der Cum-Ex-Delikte höchste Priorität. Die Verantwortlichen müssten angesichts des großen Schadens für die Allgemeinheit zur Rechenschaft gezogen werden. „Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine unabhängige und gut ausgestattete Justiz, die in rechtsstaatlichen Verfahren die Strafbarkeit jedes einzelnen Beschuldigten klären muss. Dies bedeutet einen enormen Aufwand. Mit seiner Dienstaufsichtsbeschwerde und seinen fortwährenden öffentlichen Attacken behindert Biesenbach diese schwierige Arbeit der Ermittler.“

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Noch ist das Thema nicht offiziell im Landtag erörtert worden. Für die nächste Sitzung des Rechtsausschusses und demnächst im Plenum dürfte es aber genügend Redebedarf geben -   angesichts der außergewöhnlichen politischen Linien des Streitverlaufs. Und der Schwere des im Raum stehenden Vorwurfs - einer verschleppenden Aufarbeitung des Milliarden-Steuerbetrugs.