Kunstmesse auf dem Böhler Gelände Künstler brillieren mit neuen Arbeiten

Düsseldorf · 85 Galeristen hoffen bei der Messe auf die Wiederbelebung des Kunstmarkts. Die Preise steigen, vor allem für Großskulpturen.

Die einzelnen Kabinen für die Besucher sind besonders offen gestaltet, um Ansteckungen zu vermeiden.

Foto: Anne Orthen (orth)

An diesem Freitag eröffnet die Art Düsseldorf auf dem Böhler-Gelände. Es ist die erste Kunstmesse während Corona, aber die 85 Galeristen sind freudig gestimmt, wurden sie doch aus dem Rettungsprogramm des Bundes stark unterstützt. Messechef Walter Gehlen ist guten Mutes, dass das Schöne Käufer finden wird. Dementsprechend steigen die Preise vor allem für Großskulpturen. Nur zwei Künstler löcken wider den Stachel.

Die Messe präsentiert sich in großzügigen, offenen Kojen. Aus Angst vor Ansteckungen sind die Kabinen offener denn je. Die Schaulustigen, die am Donnerstag zur Preview erschienen, marschierten nicht mehr an engen Zellen vorbei, sondern lustwandelten durch die Flure, wo sie immer zugleich Blickkontakt zu verschiedenen Galerien hatten.

Viele junge Mitstreiter sorgen
für frische Angebote

Selbst Galerien wie Buchmann, Konrad Fischer, König und Aurel Scheibler, die bislang den rheinischen Markt als zu klein empfanden, machen nun mit. Gleichzeitig sorgen viele junge Mitstreiter für frische Angebote. Gideon Modersohn, Enkel des Malers Otto Modersohn und Partner der Produzentengalerie, präsentiert mit Monika Michalko eine Schöpferin farbintensiver Gemälde, die zugleich den chaotischen Alltag in eine raffinierte Balance bringt (2500 bis 18 000 Euro). Viele Künstler brillieren mit neuen Arbeiten. Punktgenau lieferte der Kunstgießer Rolf Kayser das kapitalste Werk der Schau, Tony Craggs „Stapel“, vor der Konrad-Fischer-Galerie ab. Es ist 3,80 Meter hoch, drei Tonnen schwer und 1,3 Millionen Euro wert. In dieser einen Skulptur scheinen mehrere Skulpturen ineinander versteckt zu sein, die für einen ungemeinen Druck innerhalb des Ganzen sorgen. Das „digitale Tier“ des New Yorker Shootingstars Bunny Rogers vor der Galerie Société wirkt mit Harpunen, Flügeln und Pfeilen wie aus einer Spielekonsole entsprungen (295 000 Euro). Aber auch die Düsseldorfer Manuel Graf und Aljoscha beeilten sich, ihre 3-D-Drucke und Kunststoff-Gespinste in klassischer Bronze und in Aluminium mit Lackbeschichtung zu präsentieren.

Selbst alte Arbeiten werden aus der Mottenkiste geholt. So schwärmt der Galerist Thomas Fischer über die Schaufensterpuppen des 85-jährigen Joachim Bandau, die der Künstler in den frühen 70er-Jahren zerlegte und zerschnitt, um sie als verfremdete Wesen auferstehen zu lassen (115 000 Euro). Bei Beck und Eggeling feiert der 91-jährige Heinz Mack seine Jugendzeit, als er 1966 eine „Idee“ für ein „Mechanisches Ballett“ hatte, das er 2018 ausführte. Sechs Stelen aus Edelstahl rotieren um ihre Achsen. Vor silbern glänzenden Wänden macht sich das gut. 3,2 Millionen Euro soll das Ganze einbringen. Fotografie wird vereinzelt angeboten. Thomas Ruff setzt seine Serie aus chinesischen Propaganda-Magazinen diesmal mit lieblichen Vögeln auf kahlen Ästen fort (85 000 Euro). Pieter Hugo aus Johannesburg zeigt Porträts von Models, die nicht mehr dem herkömmlichen Schönheitsideal Europas entsprechen, sondern ihren eigenen Charakter einbringen. Ob mit schwarzer oder weißer Hautfarbe, sie biedern sich nicht an, sondern bewahren ihren eigenen Stolz (5000 bis 16 000 Euro). Und Andreas Gefeller bereitet sich auf seine Einzelausstellung im NRW-Forum vor. „Gefeller arbeitet mit Perspektiven, die es nicht gibt. Er macht Dinge sichtbar, die unser Auge nicht erkennt. Das Licht und die Rückseite von Licht geht wie ein roter Faden durch seine sehr malerischen Arbeiten“, schwärmt seine Galeristin Sylvia Rehbein (17 200 Euro). Jubiläen führen zu besonderen Angeboten. So kommt über die Galerie Aurel Scheibler Norbert Krickes „Große Kurve 2“ von 1980 auf die Messe. Sie verweist zugleich auf den 100. Geburtstag des einstigen Akademie-Rektors, der im November im Duisburger Lehmbruck-Museum mit einer Retrospektive gefeiert wird. Die 8,85 Meter lange Edelstahl-Röhre wirkt wie ein linearer Paukenschlag im „energetischen Raum“, der die dreidimensionale Masse der Wölbungen, Höhlungen und Rundungen im Zeitalter des Henry Moore ablösen sollte (650 000 Euro).