Versammlungsgesetz Die Kritik am Versammlungsgesetz
Düsseldorf · Was Rechtsanwälte an dem schwarz-gelben Gesetzentwurf auszusetzen haben.
Was sind die wesentlichen Kritikpunkte, die nicht nur die Opposition im Landtag, sondern auch verschiedene Experten an dem Entwurf der Landesregierung für das Versammlungsgesetz haben? Wilhelm Achelpöhler hat ist bei der Expertenanhörung im Mai im Landtag für den Deutschen Anwalt Verein aufgetreten. Der Münsteraner Rechtsanwalt wiederholte am Donnerstag seine schon damals geäußerten Bedenken.
Polizeiliche Videoaufnahmen
Nach dem Gesetzentwurf soll die Polizei bei Versammlungen unter freiem Himmel Übersichtsaufnahmen anfertigen dürfen. „Die Videobeobachtung beeinträchtigt die innere Versammlungsfreiheit, weil bereits die Möglichkeit einer Aufzeichnung eine Einschüchterungswirkung hat“, mahnt Achelpöhler. Das könne von der Teilnahme an einer Versammlung abschrecken. Der Einschüchterungseffekt gehe von Videoaufnahmen jeder Art aus, unabhängig davon, ob sie gespeichert werden oder dem Zweck der polizeilichen Lenkung einer Großdemonstration dienen. Die Zwecke einer Videoaufnahme seien für die Versammlungsteilnehmer ebenso wenig erkennbar wie diese absehen könnten, ob die Aufnahmen aufgezeichnet werden oder ob eine auf die Versammlung gerichtete Videokamera überhaupt betätigt wird.
Haftung des Anmelders
Versammlungen müssen grundsätzlich angemeldet werden – etwa um verkehrslenkende Maßnahmen zu ergreifen oder um die Gefahr gegenläufiger Kundgebungen einzuschätzen. Das ist unbestritten. Problematisch ist für Achelpöhler aber, dass dem Leiter oder Veranstalter einer nicht angemeldeten Versammlung eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr droht. Der Jurist sagt: „Bei unangemeldeten Kleinversammlungen – etwa drei Demonstrantinnen mit einem Transparent vor dem Haupteingang eines Energieversorgers – wären die Teilnehmenden gut beraten, keinen Ansprechpartner für die Polizei zu benennen. Wer sich nämlich gegenüber der Polizei, auch in guter Absicht, als Ansprechperson zur Verfügung stellt, bringt sich in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung.“ So wäre aber eine gewünschte Kooperation der Veranstalter mit der Polizei gefährdet.
Uniformierungsverbot
Das geplante Gesetz enthält auch ein Verbot von militantem Auftreten, etwa durch gleichartige Kleidung oder einschüchterndes Aufmarschieren rechtsextremer Gruppen oder auch linksradikaler Störer. Als Beispiel für gleichartige Kleidung sollen selbst die weißen Maler-Overalls – vielfach bei Klimaschutzdemos zu sehen – künftig verboten sein. „Gleichartige Kleidung als Ausdruck einer gemeinsamen Meinungsäußerung ist etwas anderes als eine Uniformierung zum Ausdruck der Gewaltbereitschaft“, sagt Achelpöhler. Das Verbot dürfe nicht an der bloßen Einheitlichkeit des Auftretens anknüpfen, sondern allein an der damit zum Ausdruck kommenden Gewaltbereitschaft.
Der Jurist nimmt bei seinem Fazit kein Blatt vor den Mund und kritisiert den Regierungsplan: „In der Gesamtschau des Entwurfs drängt sich der Eindruck auf, dass Versammlungen hier als etwas prinzipiell Störendes, jedenfalls als prinzipiell Gefährliches und zu Überwachendes angesehen werden und nicht als etwas, das in einer Demokratie zu fördern ist.“