Hommage an Reiner Seliger Galerie Kellermann zeigt Seliger-Kunst

Düsseldorf · Zum 80. Geburtstag des Bildhauers Reiner Seliger richtet Galerie Kellermann in Düsseldorf eine Ausstellung aus. Zu sehen sind Arbeiten aus Trümmern und ausgemusterten Materialien.

Reiner Seliger (re.) und Galerist Matthias Kellermann in der Ausstellung „La Mostra“.

Foto: Anne Rantanen

Rappelvoll war es in der Galerie Kellermann, als dort eine Ausstellung von Reiner Seliger eröffnet wurde. Der Andrang verdankt sich in erster Linie der Bekanntheit des Bildhauers, der in Düsseldorf aufgewachsen ist und am 27. Februar seinen 80. Geburtstag feiert. Seliger ist ein arrivierter Künstler – ein Klassiker beinahe, dessen Werken nichts Verstaubtes anhaftet. Im Gegenteil: Die Reliefs und Skulpturen, die er aus Trümmern, Bauschutt und ausgemusterten Materialien wie Styropor formt, sind Musterbeispiele für Trends wie Recycling und Upcycling.

Was heute in aller Munde ist, das praktiziert der Bildhauer seit mehr als einem halben Jahrhundert. Geprägt wurde seine Strategie, ausrangiertem Material durch die Kunst neuen Wert zu verleihen, in der Kindheit: Geboren 1943 im schlesischen Löwenberg (heute: Lwówek Slaski, Polen), floh die Familie 1945 nach Niederbayern. 1951 wurde Düsseldorf neue Heimat Seligers. In der damals völlig zerstörten Stadt ging er zur Schule. Das klingt niederschmetternder als es sich für ihn anfühlte: „Kinderaugen sahen das Desaster der Ruinen und Schuttberge durchaus als ästhetische Gebilde“, erinnert sich der Künstler, der seit 1980 in Freiburg im Breisgau lebt.

Inmitten der Ruinen entwickelte er einen Sinn für „den Zauber der verschiedenen Materialien“. Vor allem die im Bauschutt reichlich vorhandenen zerbrochenen Ziegelsteine erregten seine Aufmerksamkeit. Deren „vielfältige Nuancen von Rot und Orangetönen“ fesseln ihn bis heute. Davon zeugen vor allem etliche Arbeiten für den öffentlichen Raum, die im idyllischen Park ebenso gut zur Geltung kommen wie im Kontext von Industrie-Architektur.

Aber auch die Faszination für Schulkreiden, vor allem für farbige, rührt aus dieser frühen Zeit und bestimmt das künstlerische Schaffen bis heute. Von dem einzigen Unternehmen, das zuletzt in Deutschland Schulkreide herstellte, den Betrieb jedoch inzwischen eingestellt hat, erwarb Seliger vor einiger Zeit vorsichtshalber einen großen Vorrat an Kreidebruchstücken. An Materialknappheit dürfte seine Kunst aus Kreide also nicht scheitern. „Ich müsste 120 Jahre alt werden, wenn ich alles noch verwerten wollte“, so der Künstler. Kreidestücke – mal rot oder orange, mal grün oder gelb, mal schlicht weiß, teils intakt, teils per Hand abgebrochen – fügen sich auf dem Bildträger zu einem lebhaften, rhythmisch pulsierenden Mosaik. Dabei gleicht kein Zentimeter dem anderen. Ein weiterer Augenfang in der „La Mostra“-Ausstellung der Galerie Kellermann ist eine massive Marmorkugel. Eigentlich ein nobles Material, das so gar nicht zu Seligers Trümmerästhetik passt. Und doch ergibt die Wahl des Werkstoffs Sinn, denn der Bildhauer interessiert sich nicht für die Filetstücke, sondern für den Marmorbruch – also das, was beim Abbau der Blöcke überbleibt. Mit seiner kostbaren Kugel hat Rainer Seliger ihn geadelt.

Info „Reiner Seliger – La Mostra“, Galerie Kellermann, Heinrich Heine-Allee 12/ Ecke Grabbeplatz, zu sehen bis 4. März.