Mode Abschied von der Krawattenpflicht
Düsseldorf · Was die Stadtsparkasse jetzt in einem Stilguide für die Mitarbeiter festgelegt hat, hält auch in anderen Unternehmen in Düsseldorf Einzug: Man kleidet sich gern lockerer.
Top-Manager wie Daimler-Chef Dieter Zetsche oder Adidas-Boss Kasper Rorsted machen es vor — und genau genommen auch nach. Plötzlich sind sie bei Terminen mal in Jeans oder sogar Kapuzenpulli zu sehen. Damit sind sie Vorbild, gleichzeitig passen sie sich natürlich auch dem Zeitgeist an. Und der lässt sich auch in Düsseldorf mehr und mehr beobachten. Strenge Stil-Vorschriften gehören bei vielen Unternehmen der Vergangenheit an.
Bestes Beispiel ist die Stadtsparkasse. Während die US-Investmentbank Goldman Sachs erst vor wenigen Tagen ihren Dresscode ganz aufgab, verabschiedet sich jetzt die Stadtsparkasse Düsseldorf mit einem Stilguide für die Mitarbeiter von der Krawattenpflicht. Sie ist zumindest dann aufgehoben, wenn der Mitarbeiter keinen Kundenkontakt oder einen offiziellen Repräsentationstermin hat. „Da gibt es immer noch eine Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit, der wir entsprechen wollen“, sagt Sprecher Gerd Meyer.
In einer bunten Broschüre mit vielen Beispiel-Bildern zeigen Vorstand und Personalrat des Instituts auf, was für die Mitarbeiter geht — und was nicht. Fotos zeigen als No-Gos etwa Tätowierungen, Turnschuhe, Kapuzenpullover, löchrige Jeans, beschriftete T-Shirts und Sandalen. Trotzdem ist laut Sprecher Gerd Meyer nun eine größere Vielfalt bei der Kleidung möglich. So weist der Stilberater auch einen klassisch-legereren Look aus, etwa mit Pulli und Hemd.
Aufgeschriebene Stilguides sind die Ausnahme
Auch in anderen Unternehmen hält ein lockererer Kleidungsstil Einzug. Für die Arag sagt Sprecher Christian Danner, dass es auch beim Düsseldorfer Traditionsunternehmen einen Trend zu „Business Casual“ gebe, die Krawatte also öfter mal weggelassen werde. Einen Stilguide gebe es nicht, bei unangemessener Kleidung sei der direkte Vorsitzende aufgerufen, seinem Mitarbeiter Anweisung zu geben.
Auch bei HSBC Deutschland gibt es keinen Stilguide, sondern lediglich die Vorgabe für Mitarbeiter, „bankkonforme“ Kleidung zu tragen, wie Sprecher Robert Heusinger erklärt. Was dieser Begriff bedeute, habe sich im Laufe der Jahre „deutlich verändert“. So sei heute eine „Orientierung entlang der täglichen Aufgaben und Termine“ empfohlen. „Das bedeutet für alle Mitarbeitenden über alle Hierarchie-Ebenen hinweg die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten von smart casual bei internen Terminen sowie Kostüm und Anzug im direkten Kontakt mit Kunden.“ Selbst Top-Führungskräfte verzichteten beim Bankhaus immer öfter auf Krawatte und auch auf den Anzug sowie das Kostüm.
Noch größere Freiheit herrscht bei Vodafone, wo die Frage nach angemessener Kleidung vom Kundenberater selbst beantwortet werden müsse, wie Sprecherin Tanja Vogt sagt. Generell sei der modische Zeitgeist in der Mitarbeiterschaft sichtbar, die sich sportlicher und lockerer kleide.
Bei der Internet-Jobbörse Indeed, die ihren Deutschlandsitz im Belsenpark in Oberkassel hat, war es ein einschneidendes Erlebnis, das zu lockererer Kleidung führte. Bei einem Personalmanagement-Kongress hatten Geschäftsführer Frank Hensgens und sein Team einen Stand, an dem sie samt Krawatten auf ihre Gesprächspartner warteten. Nach 20 Minuten merkten sie, dass sie die einzigen waren, die Krawatte trugen, und legten ab. Seitdem sind sie kaum noch mit Schlips unterwegs. Sakko und dunkle Jeans oder ähnliche Formen von Business Casual sind die Regel, Ausnahmen machen sie zum Beispiel bei einigen Kunden in Frankfurt.
Und, wenn es richtig schick wird: Dann aber trägt Frank Hensgens gleich Smoking und Fliege.