Zum Tod der Mäzenin Abschied von Düsseldorfs Grande Dame Gabriele Henkel
Weggefährten wie Robert Wilson, Klaus Doldinger und Udo Walz erinnern sich an Mäzenin Gabriele Henkel.
Düsseldorf. Gabriele Henkel, renommierte Kunstsammlerin, Mäzenin, Honorarprofessorin und Witwe des Firmenchefs Konrad Henkel starb am Donnerstag im Alter von 85 Jahren. Wegbegleiter erinnern sich an die Grande Dame, die die Stadtgesellschaft jahrzehntelang prägte:
Simone Bagel-Trah, Vorsitzende des Aufsichtsrats und des Gesellschafterausschusses von Henkel: „Gabriele Henkel wird immer ein Teil der Geschichte unseres Unternehmens bleiben. Mit ihrer Weltoffenheit, ihrer Neugier und ihrer künstlerischen Arbeit hat sie unser Unternehmen über viele Jahrzehnte bereichert.“ Und Hans Van Bylen, Vorstandsvorsitzender von Henkel, sagt: „Sie hat mit ihrer Leidenschaft und ihrem Engagement für die Kunst viel bewirkt — sowohl für unser Unternehmen wie für die Stadt Düsseldorf.“
„Wir verneigen uns vor einer Grande Dame der Kunstmetropole Düsseldorf“, würdigt OB Thomas Geisel die Verstorbene. „Gabriele Henkel hat ein Leben mit der und für die Kunst geführt. Eine Auszeit hat sie nie genommen.“ Mit ihr verliere die Stadt eine Förderin und Sammlerin, für die Kunst ein unverzichtbares Lebensmittel bedeutete.
Eva Beuys erinnert sich an eine Anekdote: „Sie hat immer meisterhaft den Tisch dekoriert.“Einmal habe es gebratene Täubchen gegeben. Sie hätten wunderbar ausgesehen. Aber es passierte etwas Lustiges. Sie seien so knüppelhart gewesen, dass sie beim Schneiden vom Teller sprangen. Die Künstler-Witwe schätzt Gabriele Henkel als „unheimlich menschlich“. Nach dem Tode von Beuys sei sie „unglaublich liebevoll“ gewesen und habe Dinge für ein deftiges Mittagessen mitgebracht. Wenn sie bei Empfängen allein herumstand, setzte sich die Gastgeberin zu ihr auf das Sofa und unterhielt sich mit ihr. Eva Beuys: „Das war eine sehr kluge, sehr aufmerksame, liebevolle Frau.“
Das sieht auch Beat Wismer, Generaldirektor des Museums Kunstpalast, so: „Als ich 2007 in Düsseldorf anfing, lag eine Rose in meinem Büro. Damit hat mich Gabriele Henkel begrüßt. Sie lud mich mehrmals in ihren Salon. Aber ich habe mich Anfang des Jahres auch selbst eingeladen. Nach dem Mittagessen fragte sie: „Jetzt wollen Sie wohl Geld von mir.“ Ich wollte aber zwei Bilder für das Museum, die ersten wichtigen Werke von Thomas Huber, „Die Rede über die Sintflut’“ und die „Rede zur Schöpfung.“ Ich habe sie ihr abgeschnurrt, und sie hat sie mir geschenkt.“
Star-Friseur Udo Walz war mit der Grande Dame der Kunst seit Jahrzehnten eng befreundet: „Sie hat immer bei mir geschlafen, wenn sie in Berlin war. Bestimmt 20 Jahre lang. Dann sind wir ins Borchardt gegangen und haben Rotwein getrunken. Sie war eine großartige Frau und hat viel Gutes getan.“ Gabriele Henkel hatte sich für den nächsten Besuch in Berlin schon angekündigt: „Sie sagte mir, sie muss im Rollstuhl sitzen. Da habe ich geantwortet, dass ich auch im Rollstuhl komme.“
Die 85-Jährige hat sich aber nicht nur für die Kunst eingesetzt. Sie unterstützte auch die Initiative zum Erhalt der Gaslaternen in Düsseldorf. Deren Sprecher Georg Schumacher war erschüttert, als er die Nachricht vom Tod Gabriele Henkels erhielt: „Für uns war es wichtig, dass eine Förderin der Hochkultur sich für die Industriekultur einsetzt.“ Sie hatte selbst eine Petition für die Gaslaternen an den damaligen Oberbürgermeister Dirk Elbers übergeben. Die übrigens ohne jede Reaktion blieb.
Seit Jahrzehnten war auch Klaus Doldinger mit Gabriele Henkel befreundet: „Ich habe, als ihr Mann noch lebte, mehrfach bei den großartigen Festen in ihrem Haus gespielt.“ Bis zuletzt hatte die Jazz-Legende engen Kontakt zu der Kunst-Sammlerin: „Ich war auch zu der Ausstellungseröffnung eingeladen, konnte aber leider nicht.“ Vergeblich hatte Doldinger noch am Mittwoch versucht, Gabriele Henkel zu erreichen.
Erschüttert von der Nachricht ihres Todes erinnert sich Schauspieler Wolfgang Reinbacher an seine Freundin, mit der er bis zuletzt regelmäßig zum Essen verabredet war. War die österreichische Köchin bei Gabriele Henkel, lud sie den in der Steiermark geborenen und seit den 1960er Jahren in Düsseldorf heimisch gewordenen Freund ein. „Sie selbst aß im Restaurant ja immer nur Spaghetti Bolognese.“
Reinbacher berichtet von der ersten Begegnung, wie Henkel 1963 nach einer Vorstellung von „Woyzeck“ im Schauspielhaus eine Nachricht für ihn beim Pförtner hinterließ. „Wir sollten am Abend noch in die Grunerstraße kommen. Dabei war ich gar nicht richtig angezogen.“ Beim ersten Läuten schlug die Bedienstete dem jungen Schauspieler die Tür direkt wieder vor der Nase zu. Beim zweiten Mal kam Gabriele Henkel dann selbst zur Tür und bat ihn hinein.
Der US-amerikanische Regisseur Robert Wilson zählte zu den besonders engen Freunden Henkels. In diesem Jahr hatten die beiden häufiger Zeit, sich zu sehen. Der international gefragte Künstler und Theatermacher hat in Düsseldorf „Der Sandmann“ inszeniert. Als er vom Tod erfuhr, drückte er auf der Homepage seines Watermill Centers in New York handschriftlich aus (siehe unten), was er empfindet. Erst vor zwei Tagen habe er mit ihr telefoniert, gelacht und über alte Zeiten gesprochen. Er werde sie sehr vermissen.