Stimmkrise Alexandra von der Weth: Rheinopern-Diva kämpft sich zurück

Sopranistin Alexandra von der Weth blickt viele Jahre nach einer Stimmkrise zuversichtlich nach vorne.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Sie gehörte ab Ende der 90er Jahre zu den gefeierten Mitgliedern des Rhein-Opern-Ensembles, Sopranistin Alexandra von der Weth. Die gebürtige Coburgerin riss das Düsseldorfer und Duisburger Publikum hin als Manon in Jules Massenets gleichnamiger Oper oder als Titelfigur Violetta in Giuseppe Verdis „La Traviata“.

Die lyrische Sopranistin mit den hellblonden langen Haaren vereint beim Singen viele Facetten — vom strahlend goldenen Klang der Stimme über eine ans Verrückte grenzende temperamentvolle Darstellung und die Anmutung hoher Sensibilität und Verletzlichkeit.

Von der Weth ging aufs Ganze bis zum Anschein der Verausgabung. Und eine latente Besorgnis ob der verschwenderischen Hingabe an die Kunst mag vielleicht seine Berechtigung gehabt haben. Jedenfalls war mit einem Ödem auf den Stimmbändern plötzlich eine Singkrise da, von der sich die in Düsseldorf lebende Künstlerin nur langsam erholen sollte. Doch sie kämpfte, beschäftigte sich wissenschaftlich mit den biologischen Grundlagen der Stimme und überwand die Krise.

Die ganz großen Opern-Engagements von einst bleiben zwar derzeit aus, aber Alexandra von der Weth ist gut im Geschäft, singt in Opernhäusern, Konzertsälen und Kirchen und ist an dem Musiktheater-Projekt „Das Floß“ im Ballhaus im Nordpark beteiligt. Außerdem gibt sie ihr Wissen um die Geheimnisse des schönen und gesunden Singens in ihrem eigenen Institut für Stimmbildung weiter. Bis hierhin war es aber ein langer, teils bedrückender Weg. Statt auf eine Operation habe sie auf Logopädie gesetzt, sagt Alexandra von der Weth. „Register, die nicht mehr vorhanden waren, habe ich mir auf diese Weise wieder erschlossen.“ Für Naturwissenschaften habe sie sich ohnehin schon immer interessiert und sich intensiv mit der Stimm-Physiologie beschäftigt.

Die Fortschritte kamen indes nur schleppend: „Die Stimme war trotz der Übungen nicht mehr so kräftig und wirkte etwas eingetrübt“, sagt sie. „Ich hatte auch nicht mehr diese elementare Singenslust.“ Negative Kritiken hätten derweil ihr Übriges getan, die Freude am Singen zu reduzieren. „Der singende Mensch ist ein überhöhter Mensch“, sagt Alexandra von der Weth. „Aber wenn alles auf einen eindrischt, fühlt man sich nicht danach, dass man fliegen kann, da will man sich nur noch in eine Ecke verkriechen.“

Alexandra von der Weth

Sie habe dann aber Wege gefunden, das alles aufzuarbeiten, sagt die Sängerin. „Bei der Gala mit Jonas Kaufmann 2010 in Dortmund fühlte ich mich wie eh und je“, erzählt Alexandra von der Weth über einen ihrer Höhepunkte nach der Krise. Sie könne längst wieder durchstarten. Doch feste Engagements bekomme sie derzeit nicht. „Wenn man einmal den Ruf hat, die Stimme verloren zu haben, trauen sich die Intendanten nicht mehr.“

Zu tun hat von der Weth indes genug, schon allein durch das Unterrichten, insbesondere von Sängern mit Stimmproblemen. Zwei bis drei Schüler kämen täglich zu ihr. „Ich bin zwar keine Logopädin, kann aber Menschen mit meinem erworbenen logopädischen Wissen helfen“, sagt die Sopranistin. Denn sie habe sich intensiv mit Neuro- und Molekular-Biologie auseinandergesetzt. Dazu würden auch Fragen gehören wie: „Was macht die menschliche Stimme schön?“ So hätten bestimmte Frequenzen eine beruhigende Wirkung, diese lägen bei sechs bis acht Hertz pro Sekunde — ähnlich dem Muskeltonus eines gesunden Menschen. Daher sei Entspannung beim Singen wichtig. „Meistens liegt das Problem daran, dass sich ein Sänger zu viel Druck macht.“ Die Muskeln seien zu stark angespannt.

Zum Singen brauche es die rechte mentale Disposition: Der Sänger sei ein „Mund-Mensch“, er habe Lust zu singen, ähnlich wie die Lust zu essen. „Der Sänger-Typus ist wahnsinnig gierig, ein unmäßiger Typ“, erzählt sie lachend.