Älterwerden Alt, aber fidel: Wie Düsseldorfer Senioren sich verändern

Düsseldorf · Flashmob, Kino, Disko im Heim oder Sport: Immer mehr Ältere sind lange aktiv. Das bewahrt vor Einsamkeit.

Beim Senioren-Flashmob am Montag tanzten mehr als 100 Senioren auf dem heinrich-Heine-Platz. Foto: Sergej Lepke

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Was war denn da los? 120 tanzende Rentner vor dem Carsch-Haus, laute Disco-Musik und die „Golden Hula Girls“ als Einpeitscherinnen — ja geht’s denn noch? Fragte sich am Montag so mancher Passant, als er den Senioren-Flashmob passierte. Die fidelen Alten, von den 120 waren locker 100 Frauen, ließen sich von hochgezogenen Augenbrauen allerdings nicht stören, sie hatten ihre Freude. Warum auch nicht?

Zumal nicht nur beim Flashmob einmal im Jahr zum Welt-Seniorentag getanzt wird. Nein, viele Ältere möchten generell immer jünger bleiben und gönnen sich Aktivitäten, für die man sich früher schon mit 30 anfing, zu schämen. Neulich lud der bekannte DJ Theo Fitsos zur Senioren-Disco ins Altenheim, eine Riesengaudi war das. Ganz zu schweigen von der berüchtigten Reiselust der Oldies oder ihren sportlichen Ambitionen: In vielen Fitness-Studios der Stadt ist am Morgen Rentneralarm. Aber auch die Sportvereine in Düsseldorf verzeichneten laut einer Studie in der Gruppe Ü60 (neben den Kindern) die stärksten Zuwächse in der Mitgliederschaft (plus 57 Prozent gegenüber dem Jahr 2000). Und beim offenen städtischen Angebot „Sport im Park“ ist inzwischen jeder vierte Teilnehmer über 60.

Alt und träge werden wir später: Noch mehr als im Sport gilt das in der Kultur: Oper, Tonhalle oder Schauspielhaus könnten glatt schließen, wenn sie nicht das Publikum jenseits der 65 hätten. Manchmal nervt das die Jüngeren auch etwas, wenn zum Beispiel an der Heine-Uni die Haarfarbe Weiß im Hörsaal dominiert, was etwa bei Vorlesungen in Geschichte durchaus vorkommt.

Das alles hat vor allem mit der im Schnitt wachsenden Lebenszeit und der besseren Gesundheit zwischen dem Ende des Arbeitslebens und der Phase der Gebrechlichkeit zu tun. Aber natürlich ist Altwerden in Düsseldorf längst nicht immer angenehm und lustig. Sozialdezernent Burkhard Hintzsche, der den Flashmob gerne für die Stadt begleitet hat („Es war toll, mit welcher Begeisterung die Menschen da mitgemacht haben“), erinnert daran, dass es noch im Sommer einen großen Fachtag zu Armut und Einsamkeit im Alter gab — und zwar aus gegebenem Anlass: „Da haben Betroffene zum Teil drastisch geschildert, wie sie sich als Alte benachteiligt fühlen“, sagt Hintzsche. Umso mehr hebt er die vielfältigen Angebote und Aktivitäten in Düsseldorf hervor, aber auch wie wichtig es sei, dass die Senioren sich nicht zurückzögen, sondern herausgingen und Kontakte knüpften“.

Einer der weiß, wie man sie dazu kriegt, ist Horst Grass (79). Der langjährige Seniorenberater hat vor zehn Jahren das Traumkino für Senioren (jeden zweiten Mittwoch im Monat morgens im Ufa-Palast am Hauptbahnhof) ins Leben gerufen, regelmäßig kommen da 800 Leute — hauptsächlich in der Altersgruppe 70 bis 80, aber etliche sind auch jenseits der 80. „Man muss die Älteren, vor allem Alleinstehende ansprechen, auf sie zugehen, ihnen Angebote machen“, sagt Grass, „ansonsten verkriechen sich viele zu Hause und grummeln rum“. Seine organisierten Ausflüge sind beliebt, weil man da unkompliziert und sicher rauskommt und was erlebt. Demnächst geht es mit 35 Leuten nach Zons, dann inklusive Schwebebahnfahrt in Wuppertal auf Schloß Burg. Auf viele beflügelnd wirke immer noch die Aussicht auf Kaffee und Kuchen. Oder auf eine Tanzgelegenheit, jedenfalls für Frauen. Nächsten Mittwoch kommt die Tanzschule Dresen ins Kinofoyer, Tanzlehrer üben mit den Senioren ältere Volkstänze. Wie immer wird es dann an älteren Herren mangeln. Daher will Grass nun versuchen, sie mit spannenderen Filmen anzulocken.