App zur Stadtgeschichte erweitert: Neue Themen, neue Touren

„HistoriaApp“ von Studenten der Heine-Uni bietet acht neue Rundgänge — von der Altstadt bis Kaiserswerth.

Foto: Sergej Lepke

Im Mittelalter wurde in ganz vielen Häusern in der Altstadt Bier gebraut, buchstäblich für den Hausgebrauch, erklärt Tobias Pitsch. So auch im Löwen-Haus am Lieferplätzchen, dem wohl ältesten Haus der Stadt, wo bis heute eine Kneipe Nachtschwärmer anzieht: „Es schmeckte allerdings stark gewöhnungsbedürftig, denn es wurde nicht aus Hopfen und Malz gebraut, sondern aus diversen Kräutern“, sagt der Geschichtsstudent der Heine-Universität. Mit Kommilitonen und dem jungen Dozenten Jan Niko Kirschbaum steht er an einem sonnigen Nachmittag vor dem Löwen-Haus und stellt das Ergebnis des gemeinsamen Projektseminars vor: die zweite Auflage der „HistoriaApp by HHU“ vor.

Nach dem Auftakt mit Touren zur NS-Zeit in Düsseldorf im vergangenen Sommer wünschten die Studenten eine zeitliche und räumliche Erweiterung. Jetzt kann man mit dem virtuellen Geschichtsbuch samt Stadtplan acht weitere spannende Kapitel der Stadtgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart erkunden — und vor Ort nachvollziehen. „Ritter, Kreuzherren und Kauffrauen: Düsseldorf von der Stadtgründung bis zum Dreißigjährigen Krieg“ (1288-1648) heißt Pitschs Tour durch die Altstadt. Katharina Bochnig entführt uns zur „Insel der Kaiser“ nach Kaiserswerth und zeigt dort viel mehr als nur die Kaiserpfalz. Julia Liebchen hat „Spuren der Hafengeschichte“ eingesammelt, Philipp Weide, einer der ganz wenigen Kommilitonen, die aus Düsseldorf stammen, die Entwicklung des Altstadtufers zwischen Oberkassler- und Kniebrücke bis hin zur Tieferlegung in den Tunnel erforscht. Und Manuel Böker lässt seinen fiktiven Helden Karl am 1. Mai 1902 einen Ausflug nach Düsseldorf unternehmen und 13 Zwischenstopps zwischen Hofgarten und Graf-Adolf-Platz einlegen. Mit ein paar Klicks auf dem Smartphone sieht und erfährt man dann zum Beispiel, wie sich der Rathausbau auf dem Marktplatz entwickelt hat oder warum der Gießer-Junge in einer Statue verewigt wurde.

„Wir wollen mit der App auch Jüngere mehr für Geschichte interessieren“, sagt Kirschbaum. Wenn in Seminaren oder Übungen das Thema Nationalsozialismus anstand, hörte Kirschbaum bei Studenten immer wieder einen gewissen Überdruss heraus: Darüber hätten sie doch schon so viel gehört. Umso spannender hätten sie es dann auf der lokalen Ebene empfunden.

Die erste Auflage der App hatten die Studenten mit Kirschbaum, der Mahn- und Gedenkstätte sowie dem Kölner Entwickler David Neugebauer im Wintersemester 2016/17 erarbeitet. Dabei stellten sie Rundgänge zu Orten des „Dritten Reiches“ zusammen — etwa zum lokalen Alltag im Nationalsozialismus, dem jüdischen Leben in der Stadt, Herrschafs- und Verfolgungsapparat, Erziehung und Propaganda oder Widerstand. Die jetzige Erweiterung „Von der Residenz- zur Großstadt“ soll aber noch nicht die letzte digitale Stadtführung sein. Als nächstes nehmen sich Kirschbaum und seine Studenten Düsseldorf in der Weimarer Republik (1919-1933) vor.