Auch kleine Kunst macht Freude

Im „Literarischen Krokodil“ lesen vier Autoren Gedichte, Prosa und Kurzgeschichten.

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In einer Kulturstadt wie Düsseldorf übersieht man zuweilen, dass neben großen Ausstellungen namhafter Künstler und Lesungen populärer Autoren Kultur und Kunst auch im Kleinen stattfinden. Das Literarische Krokodil ist eine jener Veranstaltungen, die sich deshalb voll und ganz der Kleinkunst widmen.

Vor drei Jahren kamen Sabine Müller, Ingrid Schlüter, May Atashkar und Andreas Niggemeier zum ersten Mal zusammen ins „Krokodil“, einer kleinen Eckkneipe in Düsseltal. Anlass des Abends war die Abschiedsfeier des gemeinsamen Freundes Gert Thiele, der mehrere Jahrzehnte die Bilker Kultkneipe „Abraxas“ führte und sich nach seinem Tod ein Abschiedskonzert gewünscht hatte. Aus dem eigentlich traurigen Anlass entwickelte sich eine kleine Tradition, die sich am Freitagabend zum dritten Mal jährte. So war jeder Platz im Krokodil besetzt, als die vier Autoren ihre Auswahl an Gedichten, Kurzgeschichten und Liedern vortrugen.

Sabine Müller präsentierte dem Publikum sprachwitzige Gedichte, die sich um alltägliche Dinge, aber auch um Ritter und Burgen drehten. Die aus dem Iran stammende Autorin May Atashkar las eigene Übersetzungen einiger Gedichte des persischen Dichters Hafis, zu dessen begeisterten Lesern auch schon Goethe gehörte.

Unterschiedlicher könnten die Vorträge der vier Künstler nicht sein, doch genau so soll es sein im Literarischen Krokodil. „Wir sind alle ganz verschieden. Jeder von uns hat seine eigene Richtung und seinen eigenen Stil. Dadurch ist der Abend so lebendig“, sagt Andreas Niggemeier. Er brachte das Publikum nicht nur mit seinen teils verrückten Erzählungen zum Lachen, er unterhielt es auch noch mit Liedern wie „Personal Jesus“ oder Bruce Springsteens „Hungry Heart“ in deutscher Sprache.

Springsteen gehört seit vielen Jahren zu seinen größten Inspirationen, nicht nur musikalisch: „In der Kleinkunst geht es nicht darum, so viele Zuschauer wie möglich zu erreichen, sondern die Zuschauer zu berühren. Auch Springsteen hat in jungen Jahren vor nur einer Handvoll Menschen gespielt. Wie groß das Publikum ist, spielt für die Kunst keine Rolle.“

Deutlich heraus stach an diesem Abend Ingrid Schlüter, die unter anderem aus ihrer Erzählung „Der Teufel mit dem goldenen Haar“ las und das Publikum mit ihrer spannenden Geschichte und ihrer lebhaften und unterhaltsamen Lesart in ihren Bann zog. Erstaunlich, wie still es in einer Kneipe an einem Freitagabend auf einmal sein kann, wenn jemand eine gute Geschichte zu erzählen weiß.

Für Schlüter gibt es nichts Schöneres, als eine gute Geschichte: „Es ist, wie als säßen wir alle gemeinsam am Lagerfeuer, wenn jeder gebannt der Geschichte lauscht. Eine gute Geschichte hat auch immer etwas Heilendes, Spirituelles an sich.“

Kunst und Kultur sind eben auch etwas wert, wenn sie in kleinem Rahmen stattfinden. „Das schönste Geschenk ist für mich ein gut unterhaltenes Publikum. Wenn der Zuschauer mit einem guten Gefühl nach Hause geht, dann habe ich alles erreicht, was ich wollte“, sagt Schlüter.