Augenarzt befürchtet Hinhaltetaktik bei Kopfprämie
Im Dezember hatte Eckhard Roth bei der Ärztekammer eine Beschwerde eingereicht. Bisher blieb eine Reaktion aus.
Düsseldorf. Eckhard Roth fühlt sich hingehalten. Im Dezember hat der Augenarzt vom Martinus-Krankenhaus einen Vertrag zugeschickt bekommen (die WZ berichtete). Darin hat das Krankenhaus Roth angeboten, Patienten zur Nachsorge zu ihm zu schicken.
Dafür könnte er dann 39,98 Euro einstreichen — pro Patient, versteht sich. Roth hat daraufhin den Fall am 10. Dezember bei der Ärztekammer Nordrhein gemeldet. Eine Clearingstelle wollte sich mit der Frage befassen, ob der Vertrag rechtens ist. Doch bis heute gibt es kein Ergebnis.
Für Eckhard Roth handelt es sich bei dem Angebot um eine Kopfprämie für Patienten. „Das Krankenhaus will damit erreichen, dass ich meine Patienten zur Operation ins Martinus schicke“, sagt er. Dass sich die Clearingstelle bis heute zu dem Thema nicht geäußert hat, sei Hinhaltetaktik. „Ich habe noch zweimal nachgehört. Aber es heißt immer: Melden Sie sich nicht, wir melden uns.“
Für niedergelassene Ärzte können Verträge dieser Art äußerst lukrativ sein. Roth operiert die meisten Patienten in seinen eigenen OP-Räumen. Doch nicht alles geht in der Praxis. „Ich könnte im Monat rund fünf ins Krankenhaus schicken“, sagt er. Wenn diese dann zur Nachsorge zurück kämen, könnte er die Prämie kassieren. „Andere Ärzte, die nicht selber operieren, könnten jeden Tag einen Patienten ins Martinus schicken. Da käme schon eine schöne Summe zusammen.“
Das Problem: Ärzte handeln dann nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen, sondern danach, wer die höchste Prämie bietet. „Ich finde aber, ein Patient muss sich sicher sein können, dass der Arzt ihn aus medizinischen Gründen an eine Klinik überweist.“ Roth sieht durch solche Machenschaften auch den Ruf seines Berufsstandes in Gefahr.
Rechtlich befinden sich solche Angebote in einer Grauzone, heißt es von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW). Kopfprämien seien verboten, Kooperationsverträge erlaubt. Das Problem: Es ist nicht klar definiert, wo eine Kooperation aufhört und eine Kopfprämie anfängt. „Wenn ein Arzt zum Beispiel besonders spezialisiert ist, oder das Krankenhaus zu viele Patienten hat, sind Kooperationsverträge mit niedergelassenen Ärzten schon möglich“, sagt Lothar Kratz, Sprecher der KGNW.
Neben der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie der Landesärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe ist auch die KGNW teil der Clearingstelle. Bisher wurden der KGNW rund zwölf solcher Verträge zur Prüfung vorgelegt. „Die kamen aber alle von den Krankenhäusern selber. Das waren keine Beschwerden“, sagt Kratz. Fast alle wurden als rechtlich korrekt befunden.
Also braucht es nur einen pfiffigen Anwalt, der mit einem gut formulierten Vertrag die rechtliche Grauzone ausnutzt, befürchtet Augenarzt Roth. „Das könnte auch hier der Fall sein. Das Krankenhaus bietet mir ja nicht an, für jeden Patienten den ich schicke zu zahlen, sondern für jeden, der mir zur Nachsorge geschickt wird. Hört sich also im ersten moment nicht nach Kopfprämie an. Aber es ist ja klar, was gemeint ist.“ Auch die krumme Summe hält er für keinen Zufall: „Damit wird suggeriert, dass es sich um eine offizielle Summe handelt. Sieht doch solide aus.“
Eine Hinhaltetaktik bis zum Vergessen zu verfolgen, will sich die Clearingstelle unterdessen nicht vorwerfen lassen. „Das ist ein kompliziertes Verfahren. Alle Beteiligten sitzen nicht an einem Tisch, sondern kommunizieren schriftlich. Das dauert eben“, sagt Kratz. Er verspricht zeitnah ein Ergebnis.