Offene Stellen Ausbildung: Wo sind die Bewerber?
Obwohl die Betriebe die Zahl der Ausbildungsplätze aktuell reduzieren, gibt es noch 127 Stellen für 100 Kandidaten.
Düsseldorf. Die aktuelle Bewerber-Stellen-Relation auf dem Düsseldorfer Ausbildungsmarkt liest sich fast märchenhaft: Auf 127 Stellen kommen nur 100 Azubis. Ende März gibt es noch 2327 offene Stellen, aber nur 1463 unversorgte junge Männer und Frauen. Doch das heißt nicht, dass jeder Düsseldorfer, der nach der Schule eine Ausbildung beginnen will, in einer komfortablen Situation ist und nur die Qual der Wahl hat.
Denn erstens tauchen in der Statistik nicht die Bewerber aus dem Umland der Einpendlerstadt Düsseldorf auf. Und zweitens gibt es die freie Auswahl nur rechnerisch, heißt: in beliebten Berufen etwa im Büromanagement, bei Verkäufern oder medizinischen Fachangestellten gibt es weniger Stellen als Bewerber. Umgekehrt ist es bei Köchen, im Einzelhandel und auch bei technischen Berufen. Roland Schüßler, Chef der Agentur für Arbeit in Düsseldorf, rät deshalb Unternehmen und Azubis gleichermaßen, vor allem flexibel zu bleiben: „Wer nicht auf seinem Traumberuf beharrt, vergrößert seine Chancen deutlich. Und die Betriebe sollten potenzialorientiert vorgehen und nicht gleich Kandidaten aussortieren, die auf den ersten Blick den Anforderungen nicht entsprechen.“
Insofern stört es die Arbeitsvermittler auch, dass Wirtschaft und Verwaltung für das im Herbst beginnende neue Ausbildungsjahr drei Prozent weniger Ausbildungsplätze anbieten — obwohl es rechnerisch derzeit noch mehr offene Stellen als Aspiranten gibt. „Düsseldorf ist weiter eine erste Adresse auf dem Ausbildungsmarkt, aber wir werden alles versuchen, um das Stellenangebot bis Herbst noch zu steigern“, kündigt Schüßler an.
Helfen wollen dabei schon aus eigenem Interesse Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer (HWK). Deren Geschäftsführer Christian Henke hat durchaus auch Abiturienten und Abgänger mit Fachhochschulreife im Blick, die in Düsseldorf fast ein Drittel der Bewerber ausmachen: „Eine gute Ausbildung ist oft der Einstieg zum Aufstieg und für so manchen womöglich zukunftsträchtiger als ein Bachelor-Studium in Literaturwissenschaft“, sagt er.
Auch er appelliert an Interessenten, notfalls den zweiten Wunsch zu realisieren, „also zum Beispiel statt der Kfz-Mechatroniker-Lehre die des Karosseriebauers einzuschlagen“. Schüßler wiederum wirbt auch um Studienabbrecher: „Selbst mit Mitte 20 kann man noch gut eine Ausbildung starten und Erfolg haben.“ Seine Arbeitsagentur engagiert sich zudem stark bei der Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt. „Leider ist deren Wunsch nach Ausbildung noch sehr schwach ausgeprägt, sie wollen Arbeit und verstehen nicht, dass man als Lehrling erstmal weniger verdient“, berichtet Schüßler. Aber auch das lasse sich mit noch mehr Information sicher ändern.