Ausstellung zu den Stolpersteinen erzählt Geschichten von NS-Opfern

Die Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte zeigt 57 mehr oder weniger bekannte, immer aber furchtbare Schicksale bis Ende August.

Foto: Sammlung Mahn- und Gedenkstätte

Düsseldorf. 57 Schicksale von verschleppten und zumeist ermordeten Düsseldorfern hat die Mahn- und Gedenkstätte für die am Dienstag eröffnete Neuauflage der Ausstellung zum Projekt „Stolpersteine“ ausgewählt. Darunter finden sich bekannte Opfer des Nazi-Regimes wie der Pianist Karlrobert Kreiten, der 1943 lediglich gegenüber einer Nachbarin gesagt hatte, er hoffe, dass der Krieg endlich beendet werde. Dafür wurde er denunziert, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Plötzensee hingerichtet.

Foto: St. Arend

Die Ausstellung erzählt auch von vielen heute ansonsten vergessenen Bürgern. Wie zum Beispiel Else Gorres, an die seit Januar 2007 ein Stolperstein vor dem Haus Oberbilker Allee 284 erinnert. Gorres, Jahrgang 1914, wurde am 12. April 1945, kurz vor Kriegsende wohl am Rande des Eller Forst von einer Heeresstreife erschossen. Der Militärpolizei war zuvor gemeldet worden, sie verstecke einen Fahnenflüchtling. Zunächst konnte sie ihren Häschern plausibel erklären, sie habe geglaubt, ihr Gast sei ein Kriegsversehrter — so wurde sie nicht mit dem Mann verhaftet. Doch der Vorgesetzte des Trupps glaubte ihr nicht, schickte seine Männer erneut zur Oberbilker Allee. Die holten Else Gorres noch am gleichen Tag ab und fuhren mit ihr zur „Waldschänke“ am Eller Forst. Dort entdeckten Passanten sie am nächsten Morgen mit Schußverletzungen. Drei Frauen trugen sie zum Restaurant, doch plötzlich fuhr ein Wehrmachtswagen vor und nahm die schwer verletzte Else Gorres mit. Sie wurde nie wieder gesehen.

Stolpern soll der Passant über die quadratischen Messingtafeln natürlich nur im übertragenen Sinne, denn sie liegen alle vor Wohnhäusern, aus denen — vor allem, aber nicht nur jüdische — Mitbürger in der Nazi-Zeit verschleppt und in Konzentrationslagern gequält, ermordet oder in den Selbstmord getrieben wurden. 2003 begann der Initiativkreis „Stolpersteine“ mit Demnig seine Erinnerungsarbeiten auf den Trottoirs in Düsseldorf. Mittlerweile wurden hier 302 verlegt und das Interesse an den kleinen, golden glänzenden Mahnmalen im Asphalt ist ungebrochen, wie Andrea Ditchen von der Mahn- und Gedenkstätte bestätigt: „Wir machen jetzt einen Verlegetermin im Jahr mit etwa 20 Stolpersteinen. Schon jetzt können wir Anfragen für 2019 kaum noch berücksichtigen.“

Mehrere Düsseldorfer wurden im Oktober 1941 über das Ghetto Lodz (Litzmannstadt) ins Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) deportiert. So wie Adolf, Malvine und ihr Kind Ilse Brodt, die nicht mehr rechtzeitig emigrieren konnten. An die drei erinnern Steine an der Lessingstraße 25.

Gleich vier sind es an der Geibelstraße 39 in Grafenberg. Dort lebte die christlich-jüdische Familie Glücksmann, deren Schicksal nicht zuletzt durch ihren 2000 als Buch erschienenen Briefwechsel bekannter geworden ist. In der Pogromnacht vom 9. November 1938 stürmte der braune Mob ihr Haus und verwüstete es. Daraufhin entschlss sich die Familie, auseinander zu gehen. Zwei Kinder, Klaus und Gitta, verließen Deutschland rechtzeitig — wobei Gitta dann 1944 in London tragischerweise bei einem deutschen Luftangriff ums Leben kam. Die Eltern, Robert und Käthe Glücksmann, waren schon Jahre zuvor vom Juden- zum Christentum konvertiert, doch es half ihnen nicht. Sie wurden mit Käthes Mutter Margarethe Stern nach Theresienstadt deportiert, der Vater und seine Schwiegermutter starben dort, Käthe wurde schließlich 1944 in Auschwitz ermordet.

Die Schau ist bis zum 26. August in der Mahn- und Gedenkstätte an der Mühlenstraße 29 zu sehen. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 11 bis 17 Uhr; Sonntag 13 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.