Tanz Balletttänzer feiern als Choreografen die heitere Vielfalt

Düsseldorf · Bei „Young Moves“ ragt vor allem eine Nachwuchs-Choreografin im Opernhaus heraus.

So-Yeon Kim überzeugte mit „Rococo-Variations“. Hier zu sehen: Daniel Smith und Pedro Maricato.

Foto: Gert Weigelt

Welcher Tänzer hat das Zeug zum Choreographen? Um herauszufinden, in welchem seiner 40 Solisten ein echtes Choreografen-Talent schlummert, richtete Martin Schläpfer vor Jahren schon das Format „Young Moves“ ein. Hier präsentieren sich Mitglieder des Ballett am Rhein, nicht als Tänzer, sondern kreieren kleine Stücke und studieren sie mit Kollegen ein, mit denen sie sonst gemeinsam auf den Brettern stehen. Auch jetzt wieder – und zum letzten Mal in der Ära Schläpfer – schufen zwei Männer und zwei Frauen der Kompanie in einigen Proben-Wochen überwiegend kurze Werke. Zwei von ihnen – Michael Foster (USA) und die Koreanerin So-Yeon Kim – sind als „alte Hasen“ bereits zum dritten Mal dabei. Helen Clare Kinney (USA) und Brice Asnar (Frankreich) indes versuchen sich das erste Mal. Vier Stücke unterschiedlicher Stile und Qualität feierten jetzt im Düsseldorfer Opernhaus Premiere und zogen in gut 100 Minuten vorüber.

Ambitioniert und musikalisch sicher wirken die Gruppenbilder von Fosters „Opus 29“. Musikalische Grundlage: „Die Toteninsel“, eine Komposition, mit der Rachmaninov auf impressionistische Naturgemälde reagierte. So steht’s im Programmheft. Auf der Bühne erahnt man nichts davon. Ästhetisch ziehen die Gruppen und Soli vorüber, passend zu rhapsodischen und emotionalen Klängen. Schwebende weiße Tafelbilder fügen sich zu einer Wand zusammen. Trotz einiger origineller Schrittfolgen, versteht man nicht so recht, was Foster eigentlich will.

Rund, professionell, intelligent und mit einer hintergründigen Aussage kommen dagegen die „Rococo-Variations“ über die Rampe, die So-Yeon Kim zur gleichnamigen Tschaikowski-Musik (Cello und Orchester) kreierte. Rokoko nimmt sie wörtlich: Kronleuchter und Tütüs. Darunter schlammgrüne Trikots. Drei Paare bewegen sich in Sprüngen, Drehungen und Kombinationen, wie sie beim klassischen Training im Ballettsaal immer wieder geübt werden. Akademische Hebefiguren inklusive. Der Clou sind die Konstellationen, die permanent wechseln: Mann-Frau, zwei Frauen, zwei Männer. Zwei- und gleichgeschlechtliche Paare vereinen sich selbstverständlich in Liebes-Pas-de-deux. Nur selten brechen klassische Linien auf. So entsteht eine heitere „Feier der Vielfalt“, die vom Premieren-Publikum begeistert gefeiert wurde. So-Yeon Kim bietet also mehr als eine Miniatur. Als Choreografin wird man von ihr noch hören und hoffentlich weitere Kreationen sehen.

Weniger überzeugen indes die Fingerübungen der Debütanten Asnar und Kinney. Asnar lässt zu Party-Songs (wie „The party is over“) ein Paar sich freitanzen, in einer Mischung aus Modern Dance und Neoklassik. In „Unqualified“ (unqualifiziert) von Helen Clare Kinney tummeln sich sechs Figuren, vielleicht auf einer Party. Einer (Yoav Bosidan) kratzt sich am Nacken, eine andere (Ann-Kathrin Adam) ergeht sich in klassischen Schrittfolgen und demonstriert, welche Kunststücke eine Firstclass-Ballerina so drauf hat. Worum es in den meditativen Bewegungen in Zeitlupen-Tempo und Tanztheater-Splittern (à la Pina Bausch) geht, bleibt unklar. Als es spannend wird, bricht die Choreographie unvermittelt ab. So wirkt Kinneys Opus in Ansätzen unbeholfen, zumindest aber unvollendet. Artiger Applaus.

Termine: 9., 13. Juli. Tel: 0211/ 8925 211.