Düsseldorf Broilers bringen ihre Fans zur Raserei

Große Geste: Die Broilers holen einen Wegbegleiter aus der Punkrock-Szene auf die Bühne und lassen es krachen.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Es ist genau zur Hälfte des Konzertes, als die Broilers einmal mehr den Beweis erbringen, dass sie eigentlich viel zu erfolgreich daherkommen für eine Band, wie sie es sind. Denn die Broilers sind ja mittlerweile Rockstars. Und Rockstars halten ihren Erfolg im dezentesten Fall für selbstverständlich, im schlimmsten Falle für gottgegeben. Rockstars feiern ihren Erfolg vor Tausenden von Fans, und feiern doch nur für sich alleine, weil sie ausschließlich sich selbst im Blick haben.

Und die Broilers wiederum, das ist Fakt, spielen gerade das erste von zwei Konzerten im Rather Dome, vor fast 12 000 Menschen. Boden, Wände und Decke beben im Rhythmus ihrer Songs. Frontmann Sammy Amara steht in jener für den Rock aller Spielarten so typischen Breitbein-Pose am Mikro, die nichts anderes zeigen will als: „Ich bin hier! Ich haue einen raus! Und ich fühle mich dabei wie Chuck Norris, der auf den King trifft und bei Lemmy Kilmister anklingelt, um tanzen zu gehen.“

„Düsseldorf Dezember Doppel“: Die Broilers heizen den ISS Dome in Düsseldorf ein
27 Bilder

„Düsseldorf Dezember Doppel“: Die Broilers heizen den ISS Dome in Düsseldorf ein

27 Bilder

Kurzum: Es ist eine Demonstration der Größe und Macht. Und dann, auf einmal, bitten die Broilers all jene auf die Bühne, die sie aus Kneipen und Proberäumen und von Konzerten in stinkigen Clubs kennen. Aus Gefilden also, die Schmutz, Dreck, Schimmel und Asbach-Cola näher sind als dem Namenszusatz „Arena“ oder „Dome“.

Und mit den Mitgliedern von 4 Promille, Massendefekt, Kopfecho und Cashbar Club, die seit Jahren die Düsseldorfer Punkrockszene aufmischen und mit den Broilers mitunter lange befreundet, aber in Sachen Erfolg eben noch (lange) nicht beim Konzerthallen-Gütesiegel „Ü 10 000“ angelangt sind, kloppen sie sich durch den Ramones-Klassiker „Blitzkrieg Bop“. Ein Stück wie eine zum Song gewordene Metapher: „Blitzkrieg Bop“ trat 1976 den Punk los. „Blitzkrieg Bop“ war das erste Stück, das die Broilers in den frühen Tagen als Zwei-Mann-Band beim Platzkonzert auf der Wiese in Hellerhof durchhechelten. Und jetzt ist es ein Geschenk für all die Wegbegleiter, die sie trotz ihres eigenen Erfolges nie vergessen haben. Von denen sie sich früher selber vieles abgeschaut haben. Und ohne die es die Broilers von heute vielleicht gar nicht geben würde.

Es ist eine Geste, zu der Rockstars eigentlich nicht fähig sind in ihrer Selbstverliebtheit. Es ist eine größere Geste, als es jedes Schweinerock-Solo und jedes Paar Breitbein-Beine jemals sein könnte. Es ist eine zutiefst ehrliche und liebenswerte Geste. Der riesige Rahmen drumherum, der in manchen Momenten vielleicht sogar ein ganz klein wenig wie die Routine einer längst in die großen Hallen hineingewachsenen Band wirkt, die sich nun seit Jahren sprichwörtlich den Hintern abtourt und nach Charterfolgen und Medienmarathons viel lieber mal wieder im Zehn-mal-zehn-Meter-Schwitzkastenraum durchdrehen will, ist mit einem Mal zerschlagen.

Und auf den Scherben des zerdepperten Rahmens tanzen die überglücklichen Broilers mit ihren alten Kumpels und ihren besten Leuten aller Zeiten hinein in jene schöne Raserei, die gute Konzerte zu famosen Konzerten macht. Sprich: Sie kriegen die Kurve. Mit Schmackes. Der Rest ist wie ein scharfes Messer, das durch weichen Tortenteig schneidet: aus einem Guss niederfahrend. Und mit Pyroflammen- und Hit-an-Hit-Sahnehäubchen obendrauf.

Im Publikum nimmt die Bewegung, das Tanzen im Kreisel, bei dem man auch schon mal aufeinander springt und übereinander purzelt, stetig zu. Und das ganze Paket — pure Freude, Wut auf den Alltag, Stresserinnerungen an die vergangene Arbeitswoche — entlädt sich im wie immer von Sammy Amara angekündigten „Abriss der Bude“ sowie im wohl besten Song über das Aufbegehren und die Vergewisserung der eigenen Stärke, der in den vergangenen 20 Jahren von einer Band aus Deutschland geschrieben wurde: „Meine Sache“ kegelt sie alle raus in eine kalte Nacht und eine Welt, in der die Broilers zwar nach wie vor Rockstars sind. Aber eben anders. Besser. Gute Rockstars.

Rockstars, die auch 2018 die Vergangenheit nicht vergessen werden und genau deswegen so wichtig und relevant sind.