Bis zu 70 Prozent Rabatt Sozialkaufhaus schließt nach 20 Jahren in Düsseldorf

Düsseldorf · Die Filiale von „Cash und Raus“ an der Herzogstraße ist die größte in Düsseldorf – und bald Geschichte. Ein Grund: die Bundespolitik.

Markus Textores, Chef der „Cash und Raus“-Kaufhäuser in Düsseldorf, mit seiner Dackeldame Olive: „Die soziale Struktur wird durch die Kürzungen im Bundeshaushalt kaputtgespart.“

Sozialkaufhäuser wie jene von „Cash und Raus“ sind immer sehr günstig, in der Filiale an der Herzogstraße aber gibt es aktuell bis zu 70 Prozent Rabatt – auf das Sortiment, das zu 100 Prozent aus zweiter Hand stammt. So kostet ein Esstisch mit Stühlen unter 300 Euro, Fahrräder werden für 25 Euro verhökert, auch Mikrowellen, Kühlschränke und Geschirr sind stark reduziert. Der Anlass ist ein Räumungsverkauf: Am 31. Mai schließt Düsseldorfs größter Standort von „Cash und Raus“, nach 20 Jahren ist Schluss. „Alle sind traurig, dass wir gehen“, sagt Leiter Markus Textores. „Wir waren eine Institution im Stadtteil, täglich kamen Hunderte Kunden.“

Hintergrund des emotionalen Abschieds in Friedrichstadt seien politische Entscheidungen in Berlin, sagt Textores. Weil der deutsche Staat sparen muss, kürzt die Regierung im Bundeshaushalt 2024 zum zweiten Mal in Folge die „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“. Dadurch bekommen die Jobcenter weniger Geld, um sogenannte Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose zu fördern – im Volksmund auch Ein-Euro-Jobs genannt.

Das wird zum Problem für Sozialkaufhäuser in Düsseldorf. Denn Filialen von „Cash und Raus“, „Fairhaus“ und dem „Kaufhaus Wertvoll“ sind stadtweit die größten Anbieter von Arbeitsmaßnahmen für Menschen, die so einen festen Job finden sollen. Die Kaufhäuser sind abhängig von Fördergeldern des Bundes, die vom Jobcenter ausbezahlt werden – und nun deutlich geringer ausfallen. Nach Angaben von Christian Wiglow, Finanzchef des Jobcenters in Düsseldorf, schrumpft das Budget für Ein-Euro-Jobs im Jahr 2024 um ein Fünftel im Vergleich zu den Vorjahren. Deshalb musste das Jobcenter jede fünfte Stelle für Ein-Euro-Jobs in Düsseldorf streichen, sagt Wiglow.

Der Finanzchef betont, dass nur jene Stellen gestrichen wurden, die „zwar gemeldet, aber längere Zeit nicht besetzt waren“. Markus Textores von „Cash und Raus“ bestätigt das, schließlich müsse das Jobcenter die Vorgaben des Bundes erfüllen.

Tischgruppe bei „Cash und Raus“ an der Herzogstraße: Möbel gehören zu den meistverkauften Waren.

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Die Folge der Sparmaßnahme
ist das Aus für das Kaufhaus

Aber Textores sagt auch: „Insgesamt haben wir durch die Kürzungen 250 000 Euro weniger an Budget.“ Die Folge der Sparmaßnahme ist das Aus für das Kaufhaus an der Herzogstraße.

Im Untergeschoss gibt es Hausrat und Textilien ab zehn Cent pro Stück, der Räumungsverkauf läuft bis Ende Mai.

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Die Filiale ist der größte der vier „Cash und Raus“-Standorte in der Stadt. Auf den zwei Etagen gibt es vier Vollzeitkräfte, die bei dem gemeinnützigen Träger SKM angestellt sind. Sie können bis zu 16 Menschen betreuen, die Bürgergeld empfangen und für ihre Arbeit im Sozialkaufhaus eine Entschädigung bekommen – rund 1,50 Euro pro Stunde. Dass solch eine Arbeitsmaßnahme tatsächlich zu einem Vollzeitjob führen kann, zeigen die Lebensläufe der insgesamt 40 festen „Cash und Raus“-Beschäftigten: 30 von ihnen waren früher selbst Ein-Euro-Jobber, auch der Chef Textores stieg so bei dem Kaufhaus ein.

Nach dem letzten Verkaufstag Ende Mai werden die Mitarbeiter von der Herzogstraße auf die anderen drei Standorte verteilt. Jobcenter-Finanzchef Christian Wiglow nennt das einen Konsolidierungsprozess: „bedauerlich, aber verschmerzbar“. Schließlich gebe es nur unweit an der Scheurenstraße ebenfalls eine Filiale fürs Viertel. Markus Textores sagt, er habe „ein weinendes und ein lachendes Auge“. Ja, der Traditionsstandort falle nun weg. Aber: Er habe sich schon länger nach einem neuen Ladenlokal umgeschaut. Nun spare man bald monatlich etwa 5000 Euro an Miete und sei „flexibler, um auf die Sparmaßnahmen des Bundes zu reagieren“.

Schon in der zweiten Jahreshälfte soll es einen neuen „Cash und Raus“-Standort geben. Nicht als feste Filiale, sondern kurzfristig als „Pop-up-Store“. Aktuell gebe es Gespräche für eine Fläche in Gerresheim, sagt Textores.

Jetzt aber läuft erst mal der Räumungsverkauf an der Herzogstraße: gebrauchte Ware im guten Zustand zu günstigen Preisen, aus Einzelspenden oder Haushaltsauflösungen – für alle Bürger.