Das Abenteuer begann im Pappelwäldchen

Wilfrid Polke, einst Initiator alternativer Spielplätze, wird 80 Jahre alt.

Düsseldorf. Der Abenteuerspielplatz Oberkassel besteht seit 40 Jahren, und sein Gründer Wilfrid Polke wird am Montag 80 Jahre alt. Im WZ-Gespräch erinnert der pensionierte Professor für Ästhetik und Kommunikation an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe an die Anfänge. Polke, Bruder des verstorbenen Kölner Künstlerstars Sigmar Polke, gehört zu den Impulsgebern der 68er-Bewegung in Düsseldorf.

Wilfrid Polke wohnte mit Frau und fünf Kindern im vierten Stockwerk an der Joachimstraße, Ecke Luegallee. Da hörte er vom freien Spiel in der Natur aus dem benachbarten Holland und war begeistert. Er erzählt: „Bei uns in Düsseldorf gab es damals nur genormte, keine kreativen Spielplätze.“ So sei das erste Provisorium im Pappelwäldchen entstanden. Es lag zwischen Radweg und Schrebergärten mitten im Überschwemmungsgebiet des Rheins. Das Wäldchen ist längst verschwunden.

Das Neue an diesem alternativen Spielgelände waren die Hütten aus Holz sowie die Studenten, die noch nicht in Bochum, sondern in Kaiserswerth auf der Bastion der Fliednerstraße logierten. Ihr Lehrer berichtet: „Die Studenten machten erstmals ihre Praktika in einer offenen Freizeiteinrichtung und erhielten für ihre praktische Arbeit auch noch ein Zeugnis.“

Auf diesem ersten, noch recht provisorischen Abenteuerspielplatz tummelten sich Kinder aus Ober- und Niederkassel. Sie freuten sich über das erste Stockbrot, das damals noch Seltenheitswert hatte. Sie hantierten mit Hammer und Nagel, errichteten sich ihre eigenen Buden und Bruchbuden und gaben ihnen Namen nach dem Vorbild von Pippi Langstrumpf. Die sechsjährige Eva Polke etwa spielte in der „Villa Kunterbunt“. Und Papa Polke war sich nicht zu schade, jede freie Minute diesem Aktivspielplatz zu widmen.

Das Besondere an dem Pilotprojekt Abenteuerspielplatz beschreibt ihr Gründer folgendermaßen: „Den Kindern wurden keine Fertigprodukte geboten. Fantasie und Kreativität waren gefragt.“ Teilweise arbeitete Polke auch mit Barbara Oertel zusammen, der Begründerin des Düsseldorfer Kinder- und Jugendtheaters. „Die“ Barbara forderte die Jugend auf, auf der Bühne „die Fantasie einzuschalten“, „der“ Wilfrid forderte die Kinder unter dem freien Himmel zum alternativen Spiel auf.

1972 gründete Polke mit befreundeten Mitstreitern den Verein Abenteuerspielplatz Oberkassel. Heute ist dieser APS der älteste, noch existierende Abenteuerspielplatz in Nordrhein-Westfalen. 2007 wurde Polke Ehrenmitglied im „Fachverband offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“. Obwohl er seitdem schwer erkrankt ist und auf den Rollstuhl angewiesen ist, lässt er kaum eine Feier in „seiner“ Einrichtung aus. Dann ist es einer der fünf Enkel, der ihn auf das große Freigelände neben dem japanischen Tempel schiebt.

„Damals im Pappelwäldchen war es viel primitiver als auf dem heutigen Gelände“, sagt Polke. „Tiere, ein festes Haus, Ton und Farbe konnten wir den Kleinen nicht bieten. Bei Regen standen die Kinder wie die Studenten im Regen. Und ich verbrachte manche Nachtstunde in einer der Hütten, denn zuweilen gab es dort nächtliche Besucher, die wir nicht haben wollten.“