Das Ende der Zivis — von Ersatz noch keine Spur
Viele Verbände fürchten, dass sie die Lücken durch den Wegfall des Dienstes nicht mit Freiwilligen auffangen können.
Düsseldorf. Stefan Wohlgemuth gehört zu einer aussterbenden Art. Der 20-Jährige ist einer der letzten Zivis in der Stadt. Bis zum 31. August leistet er seinen Dienst im Zentrum plus Unterrath des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ab — dann ist Schluss für ihn.
Umgekehrt ist auch für das DRK bald Schluss mit den Zivis. Während der junge Düsseldorfer den Senioren die Mahlzeit reicht und sich erkundigt, ob es schmeckt, trauert ihm Leiterin Elisabeth Kreft bereits nach: „Ich hoffe, dass wir wieder einen jungen Menschen bekommen. Er ist eine Art Enkel-Ersatz für unsere Besucher.“ Bislang habe man für die Stelle noch keinen Ersatz gefunden. Falls sich niemand für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bewirbt, setze man auf den Bundesfreiwilligendienst (BFD).
Dieser ersetzt jetzt den Zivildienst, doch ist die Resonanz dürftig. Während die Regierung bis zum nächsten Jahr mit 35.000 Freiwilligen plant, sind bislang erst 3.000 Interessenten bundesweit gemeldet.
Prekär ist die Situation in der Graf-Recke-Stiftung. 50 FSJler und 18 Zivis waren noch vor wenigen Monaten für die Schulassistenz behinderter Kinder eingesetzt. „Jetzt haben wir nur noch zwei Zivis“, so Bereichsleiterin Karin Springob. An weitere FSJler zu kommen, sei schwierig, da zurzeit alle sozialen Träger um deren Gunst buhlten.
„Zudem hat sich bei uns bislang kein einziger Bundesfreiwilliger gemeldet.“ Dramatisch könnte die Situation ab kommendem Schuljahr werden. Springob: „Ich habe bislang 40 bis 50 Schulassistenzen noch nicht besetzt. Die Entwicklung ist traurig — insbesondere für Eltern behinderter Kinder.“ Womöglich könnten die Lücke am Ende nur noch hauptamtliche Kräfte schließen — mit den entsprechenden finanziellen Konsequenzen.
Auch das DRK spürt die Kluft, die sich durch das Ende des Ersatzdienstes ergibt — nicht nur im Unterrather Zentrum plus. „Die Hälfte unserer Zivildienststellen sind unbesetzt“, erklärt Sprecherin Sabine Jokl. In Hochzeiten hatte das DRK in Düsseldorf 54 Zivis. Besonders drückt der Schuh bei der Altenpflege. „Da sieht es nicht so aus, als hätten wir bald das Personal.“
Bei Caritas und Diakonie ist die Situation noch einigermaßen entspannt. Bei der Diakonie verzeichnet man zwar keinen Ansturm aus dem BFD, doch könne man die Lücke — nur noch zwei Zivis bis August — mit FSJ-Helfern decken. Lutz Grundmann vom ASB bemängelt fehlende Aufklärung: „Viele wissen nicht, dass es den BFD gibt.“ Die Kaiserswerther Diakonie hat vorsorglich ihre einst 80 Zivi-Stellen zu drei Vierteln mit FSJlern besetzt.
Stefan Wohlgemuth glaubt indes nicht, dass genug freiwilliger Nachwuchs gefunden wird: „Die meisten jungen Leute wollen doch schnell Karriere machen.“