Problemquartier Potsdamer Straße
Nach dem Brand stellt sich die Frage nach der Zukunft des sozialen Brennpunkts.
Düsseldorf. An der Potsdamer Straße in Hassels kehrt keine Ruhe ein. Nachdem es in der vergangenen Woche zum wiederholten Mal in Haus Nummer 45 gebrannt hat, nimmt die Diskussion um den sozialen Brennpunkt Fahrt auf. Hans-Jochem Witzke (SPD), Vorsitzender des Mietervereins und Mitglied des Ausschusses für Wohnungswesen, wandte sich mit einem Brief an die WZ: „Es brennt dort seit Jahren — nicht nur wenn die Flammen lodern!“ Witzke kritisiert auch, dass die Stadt die Kosten des zwei Jahre lang durch Spenden finanzierten Sozialpfarrer-Projekts der Diakonie nicht weiter trägt.
Für Sozialpfarrer Carsten Hilbrans wird es keinen Ersatz geben. Die Mieterberatung in dem Straßenzug mit 19 Wohnblocks aus den 1970er-Jahren wird in Zusammenarbeit mit dem Wohnungsamt und dem Mieterverein Christian Heynen übernehmen. Er ist seit 1995 im Treffpunkt-Reisholz der Diakonie tätig und kennt die Sorgen der Bewohner der Potsdamer Straße: „Im Winter gab es Heizungsausfälle. Vor ein paar Monaten wurde ein Kakerlaken-Befall gemeldet. Die Gesamt-Wohnsubstanz ist erschreckend.“ Und es wird nicht besser, fürchtet Heynen: „Probleme werden angesprochen, aber es ändert sich nichts.“
In der Kritik steht der Vermieter. Die WVB-Centuria ist ein deutschlandweit tätiges Wohnungsunternehmen, das vornehmlich Hochhaussiedlungen betreut. Seinen „Wohnpark Fürstenberg“ bewirbt es im Internet mit dem Slogan „Naherholung zum Anfassen“. In Hassels hat man, spätestens seitdem angeblich Praktikanten der Firma einen Heizungsausfall managten, den Eindruck, dass sich der Vermieter nicht viel Mühe gibt, die Situation zu verbessern.
Heynen sagt: „Die Erreichbarkeit für Mieter ist schlecht. Man fragt sich, welche Ressourcen man dort hat für die Menschen, die hier leben.“ Und das sind über 3000, 40 Prozent davon leben an der Armutsgrenze. In einer Stellungnahme der WVB-Centuria zum letzten Brand hieß es, man kümmere sich schnell um die betroffenen Mieter. Die WZ-Anfrage, was man sonst in der Wohnanlage verbessern wolle, blieb bisher unbeantwortet
Immerhin, so sickerte durch, habe man sich mit dem Wohnungsamt auf eine Heizungssanierung geeinigt.
Grünen-Ratsfrau Antonia Frey, Vorsitzende des Ausschusses für Wohnungswesen, sagt: „DRK und Diakonie tun viel, aber man müsste mehr Personal engagieren — dazu auch den Vermieter ins Boot holen.“ Doch das, so gibt Frey zu, sei nur ein „rumdoktern an Symptomen“. Die Sozialbau-Sünde aus den 70ern macht Bezirksvorsteher Heinz-Leo Schuth (CDU) immer mehr Sorgen: „Die Lage ist dramatisch.“ Gerne hätte er den beliebten Sozialpfarrer behalten.
Ein Abriss, das schwingt zwischen den Sätzen mit, wäre der einzige echte Ausweg. Frey sagt: „Die Ideallösung wäre, wenn die Stadt das Areal aufkaufte. Doch das ist wohl niemandem zu vermitteln.“ Und Schuth gibt zu bedenken: „Wo sollen die Leute dann hin? Wenn sie sich etwas anderes leisten könnten, wären sie längst weggezogen.“
Hans-Jochem Witzke fragt in seinem Brief Oberbürgermeister und Verwaltung, wie es in Hassels weitergehen soll: „Wie wird die Siedlung in fünf oder zehn Jahren aussehen, wenn nichts geschieht? Fangt endlich an!“