Der erste Zeuge sagte im Rotlicht-Prozess aus
Das Etablissement wurde überwacht.
Düsseldorf. Als Martin G. (Name geändert) mittags in seinem Hotel ankam, erinnerte er sich an nichts mehr. Dafür wurde der Unternehmer aus Norddeutschland dort schon erwartet — von einem Kripobeamten. Denn die Kreditkartenzahlungen in den Bordellen an der Rethelstraße wurden konsequent überwacht. Nach auffälligen Kontobewegungen wurden die Freier offenbar abgefangen, sobald sie das Etablissement verlassen hatten.
Der 45-Jährige war das erste mutmaßiche Opfer, das im Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher Thomas M. (48) und seine acht Mitangeklagten aussagte. Seit Anfang Juli ging es in dem Mammut-Prozess fast ausschließlich um juristisches Geplänkel. Nun werden Zeugen vernommen.
Martin G. schilderte den Abend vom 19. auf den 20. Januar vergangenen Jahres. Er war mit Geschäftsfreunden essen und anschließend in der Altstadt gewesen, hatte reichlich Wein, Rum und Bier konsumiert. Noch am Mittag des nächsten Tages hatte er 2,25 Promille im Blut. Etwa um ein Uhr nachts machte sich der Unternehmer dann allein auf den Weg zur Rethelstraße.
Dort setzte er sich an die Bar und orderte einen Cuba Libre, der ihm von einer Dame namens Pia gebracht wurde. „Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern“, erklärte der 45-Jährige. Er sei erst am nächsten Vormittag wieder wach geworden, allerdings bekleidet: „Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Ich war völlig benommen.“
Aus seinem Hotelzimmer wurden Kreditkarten abgeholt, die der Geschäftsmann dort zurückgelassen hatte. Einer der Angeklagten sei dann mit ihm zu einer Bank gefahren, wo Martin G. 5000 Euro abholen musste: „Ich habe mich unter Druck gesetzt gefühlt.“ Dass in der Nacht schon 11 000 Euro mit seiner Kreditkarte abgebucht wurden, ahnte er angeblich nicht.
Allerdings: Der Bordellerfahrene Zeuge konnte auch nicht ausschließen, dass er die Dienste der Damen tatsächlich in Anspruch genommen hat. Zudem wurde bei einem ersten Haartest festgestellt, dass er regelmäßig Kokain konsumiere. Einem zweiten Test hatte Martin G. erst mit Verspätung zugestimmt. Und er räumte gestern ein, dass ihm so etwas Ähnliches schon einmal passiert sein könnte.
Über den befreundeten Bordellbesitzer „Fritz“ hatte der Norddeutsche außerdem Kontakt mit Rotlicht-König Bert Wollersheim aufgenommen, um die Angelegenheit gütlich zu regeln. Zu dem geplanten Treffen kam es wegen der Razzia an der Rethelstraße aber nicht mehr.