Der Spötter in der Walhalla
Heinrich Heines Büste wird im deutschen Pantheon aufgestellt. Die Düsseldorfer liefern dazu einen kleinkarierten Streit.
Düsseldorf. Was hat er nicht gespottet über die Ruhmeshalle des Bayern-Königs Ludwig I. Die Walhalla in Donaustauf bei Regensburg, errichtet im Jahre 1842 zu Ehren von "rühmlich ausgezeichneten Teutschen", verriss Heinrich Heine als "marmorne Schädelstätte". Der klassizistische Tempelbau mit den uniformen Büsten konnte dem kritischen Geist nicht gefallen. Nun wird dort aber auch der verfemte und verbrannte Dichter, der 1856 im Pariser Exil starb, geehrt. Am Mittwoch wird Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der anders als sein Vorgänger Edmund Stoiber das Heine-Projekt beförderte, die Büste enthüllen.
Heine ist Nummer 130 in der Walhalla, dabei zählt er unbestritten zu den größten deutschen Dichtern und hätte schon längst im obligatorischen Lasa-Marmor aufgestellt gehört. Aber so, wie Heine seine Probleme mit den Deutschen hatte, hatten und haben sie ein Problem mit ihm. Sogar in Düsseldorf, wo Heine heute offiziell als größter Sohn der Stadt bezeichnet wird.
Den Vogel abgeschossen haben in aktuellen Debatten die Lokalpolitiker. Intensiv wurde in der schuldenfreien Landeshauptstadt diskutiert, ob der Freundeskreis Heinrich Heine, der sich seit zehn Jahren für die Ehrung einsetzt, angesichts der Kosten von 75000Euro einen Zuschuss verdient hat. Man entschied zügig dagegen, wohl auch aus persönlicher Animosität.
Im Gegenzug hat Karl-Heinz Theisen, Chef des Freundeskreises, nun alle Lokalpolitiker von der Einladungsliste gestrichen. Einzig Oberbürgermeister Dirk Elbers hätte in die Walhalla kommen dürfen, aber der ist verhindert. Er feiert den zehnten Geburtstag seines Patenkindes auf Mallorca. Theisen unterm Strich: "Ich werde niemals mehr einen Cent von der Stadt annehmen." Der kleinkarierte Politstreit findet bereits bundesweit Beachtung, wie Medienanfragen zeigen.
Der Bildhauer Bert Gerresheim, der schon 1981 sein Heine-Denkmal am Düsseldorfer Schwanenmarkt errichtete, hat die Büste geschaffen. Er ist für seinen verstorbenen Freund Jörg Immendorff eingesprungen, der ursprünglich beauftragt werden sollte. Theisen freut sich nun über die Arbeit, "denn die Büste ist wie keine andere in der Walhalla".
Der Bildhauer stellt Heine nicht idealisiert dar, sondern hat dessen Totenmaske als Ausgangspunkt genommen. Das bärtige Antlitz durchzieht ein zarter Riss, so wie der Dichter selbst als "Wunde Heine" wie ein Stachel das deutschen Bewusstsein reizte.
Das, was nun an Gerresheims Büste makellos wirkt, verdankt sich nicht dem Hang zum klassischen Kitsch, sondern soll Heine wie den antiken Komödienschreiber Aristophanes wirken lassen, als dessen Nachkömmling sich Heine auf Erden empfand.
So viel Esprit löst die Heine-Ehrung in der Landeshauptstadt nicht aus. Sogar in Teilen des Heine-Instituts ist man erregt und ganz sicher, dass Heine nie in die Walhalla eingezogen wäre. Gerresheim hält von diesen Diskussionen nichts, trennt den Menschen von seiner Wirkungsgeschichte. "Was meinen Sie wohl, was Jesus Christus über den Vatikan gesagt hätte?"