Interview Der Zwinger in Dresden lockt Marion Ackermann

Im WZ-Interview spricht die Leiterin der Kunstsammlung NRW, Marion Ackermann, über ihr Publikum, ein Millionen-Geschenk und ihr Projekt mit Menschenfresserkunst.

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Frau Ackermann, was lockt Sie nach Dresden?

Marion Ackermann: Ich hätte natürlich genauso gut in Düsseldorf fortfahren können, aber Dresden ist noch einmal etwas ganz Anderes. Da sind die Vielfalt der Sammlungen und die historische Tiefe durch die Alten Meister. Es gibt viele verborgene Aspekte, die man zeigen und verknüpfen kann.

Sie haben in Düsseldorf immer mit der Sammlung gearbeitet, auch in den Ausstellungen. Wäre das denn noch länger möglich gewesen?

Ackermann: Wir waren gerade an einer Wende, wo wir etwas Abstand gewinnen wollten vom eurozentrischen und nordamerikanischen Blick. Das wäre eine neue Herausforderung gewesen. Ich habe hier mit dem Genius loci sehr viel gearbeitet. Aber in den siebeneinhalb Jahren steckte schon alles drin an Schwerpunkten. Man kann sich nicht selber komplett neu erfinden.

Viele Künstler leben in Düsseldorf und lehren in Dresden. Haben Sie Kontakt zu ihnen aufgenommen?

Ackermann: Nein, das ist noch zu früh. Aber natürlich habe ich Künstler-Freundschaften, die ich beibehalten werde. Ich denke natürlich daran, mit Gerhard Richter zu arbeiten, der in Dresden hervorragend vertreten ist.

Worauf sind Sie stolz, wenn Sie an Düsseldorf denken?

Ackermann: Ich habe ja das Haus des einstigen Galeristen Alfred Schmela dem damaligen Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff sozusagen abgeluchst, um das Museum nach außen zu öffnen. Das Schmela-Haus wurde zum Ort der Diskussion, K 20 zu dem der Vollendung und K 21 zum Ort des Prozesses.

Wie sehen Sie das hiesige Publikum? Typisch rheinisch?

Ackermann: Es ist sehr verschieden, man muss diverse Formen der Ansprache finden. Aber was ich als typisch rheinisch empfunden habe, ist die hohe Emotionalität. Das war so bei Beuys, bei Uecker. Die Menschen können ihr Glücksgefühl mit der Kunst wirklich zum Ausdruck bringen. Das ist etwas sehr Besonderes.

Sie sagten bei Ihrem Einstand, Sie wollten vielleicht ein Depositum oder eine Aufarbeitung des Beuys’schen Erbes möglich machen. Ist daraus etwas geworden?

Ackermann: Ich bin mit der Familie Beuys wirklich freundschaftlich verbunden. Wir haben uns erst kürzlich zum Essen getroffen. Aber da muss man abwarten.

Im September präsentieren Sie die Dorothee- und Konrad-Fischer-Sammlung. Die Hälfte kommt ja als Schenkung. Haben Sie Ihren Anteil von ungefähr zehn Millionen Euro zusammen?

Ackermann: Es fehlen nur noch 700 000 Euro. Die bisherige Finanzierung hat eine große Anstrengung gekostet. Die Werke vor allem der Minimal- und Konzeptkunst und das Galerie-Archiv der Fischers werden unsere Sammlung verändern.

Die Ausstellung zur Fischer-Sammlung nennen Sie „Wolke und Kristall“. Warum?

Ackermann: So nannte der Minimal-Künstler Carl Andree eine Arbeit zum Tode von Konrad Fischer. Es ist ein schöner Titel für die Konzeptkunst. Die Sammlung Fischer wird in unsere Sammlung aufgenommen und ergänzt die vor allem von Werner Schmalenbach erworbene US-Kunst vortrefflich.

2017 ist Ihr Projekt „museum global“ geplant. Was ist das?

Ackermann: Ich wollte in der Zusammenarbeit mit der Bundeskulturstiftung aufzeigen, dass die großen staatlichen Museen in Deutschland noch nicht so richtig mit globaler Kunst umgehen. Es gibt viele Formen der Moderne in der Welt, den türkischen Kubismus, das indische Bauhaus, die Anthropophagie- oder „Menschenfresser-Moderne“ in Südamerika. Dort stopft man die Sachen so lange in sich hinein, bis nur noch ein Substrat davon übrig ist, die Kunst also als das intensiv Verdaute. Sicherlich lassen sich durch das Projekt die Sammlungen in Düsseldorf und Dresden verbinden.

Der Gründungsdirektor der Kunstsammlung, Werner Schmalenbach, hat eine herrliche private afrikanische Sammlung seinen Kindern vererbt. Hätte man daran anknüpfen können?

Ackermann: Wir sind dabei, das zu erkunden.

Das Deutschlandgerät von Reinhard Mucha wollten Sie einst vor die Tür setzen. Es steht noch da. Gab es einen Sinneswandel bei Ihnen?

Ackermann: Ich sehe es noch heute kritisch, dass ein Kunstwerk für die Ewigkeit im zentralsten Raum von K 21 steht.

Sie haben dem ehemaligen künstlerischen Leiter von K 21, Julian Heynen, als Kurator für besondere Aufgaben eingesetzt. Ging das von Ihnen oder von der Landesregierung aus?

Ackermann: Es ging von mir aus, denn ich war ja für beide Häuser zuständig. Aber ich habe ihn gefragt. Und sein Wunsch war es, ein Kurator für besondere Aufgaben zu sein und damit befreit von Administration. Mein Ansatz war es, Historie und Gegenwart zu verbinden.

Ihre letzten Taten in Düsseldorf?

Ackermann: Ich plane noch drei Ausstellungen, zu Andreas Gursky, zum Konzeptkünstler Christoph Büchel und eben zur Sammlung Dorothee und Konrad Fischer. “ Kultur S. 13