Banken in Düsseldorf Wie sich der Rückgang der Filialen für Bankkunden anfühlt

Düsseldorf. · Beratung online und am Telefon, Bargeld vom Discounter – immer mehr Dienstleistungen finden außerhalb der Banken statt.

Neben dem Haupthaus an der Kö unterhält die Deutsche Bank innenstadtnahe Automaten nur noch in den Schadow-Arkaden Automaten. Abends können sich dort lange Schlangen sammeln.

Foto: Christopher Trinks

Freitagmittag an der Berliner Allee. Es herrscht reger Betrieb in der Sparkassen-Zentrale. Viele wartende Kunden sitzen vor den Schaltern. Sie halten kleine Zettel in den Händen, ähnlich solcher, die man aus Bürgerbüros oder der Notaufnahme kennt. Statt Nummern sind darauf Zelte, Häuser und andere Symbole abgedruckt. Jedes steht für ein bestimmtes Anliegen, dass man vorher an einem Automaten anmelden muss. Wann das jedoch bearbeitet wird, steht dort nicht. Freundlich bemüht sich ein Mitarbeiter im roten Sparkassen-Shirt um Erklärung des neuen Systems. „Wie lange dauert das noch? Ich muss gleich weiter“, ruft eine Frau ihm genervt zu. Einem älteren Herrn ist das Ganze sowieso egal, stoisch marschiert er an allen vorbei. Erst im letzten Moment wird er aufgehalten, mit der Bitte, er möge sich auch einen Zettel ziehen. „Aber ich will doch nur eben Geld am Schalter einzahlen“, antwortet er verdutzt.

Szenen, die Kunden von Filialbanken mittlerweile vertraut sein dürften. Denn das Netz der Niederlassungen wird dünner, auch in der Bankenstadt Düsseldorf. Kostenlos und bequem Bargeld abheben, Bankgeschäfte und Beratungen schnell vor Ort in Anspruch nehmen – das wird außerhalb der Zentralen immer schwieriger. 2022 haben die deutschen Banken bundesweit 1266 Zweigstellen geschlossen.

Jüngst verkündete der Eigner der Postbank, die Deutsche Bank, bis Mitte 2026 die Hälfte aller Filialen der Tochter zu schließen. Sogar Sparkassen und Volksbanken sparen ein, etwa jüngst bei der „Zusammenlegung“ der Volksbank-Filialen von Hassels und Himmelgeist. Da drängt sich die Frage auf: Wozu also noch hohe Kontoführungsgebühren zahlen, wenn der Service sich vergleichbar immer weniger von Digitalbanken unterscheidet? Die neuen Hürden der Bargeld-Versorgung werden schon bei einem Besuch der „längsten Theke“ deutlich. Denn noch immer gilt für einige Wirte entlang der Kurzen oder Ratinger Straße: Nur Bares ist Wahres. Wer sein Konto aber nicht bei Sparkasse oder Volksbank führt, sondern bei Commerzbank, Deutsche Bank oder Postbank, der muss Gebühren von bis zu sechs Euro zahlen. Vermeiden lassen sich diese nur mit einem kleinen Fußmarsch: Automaten der kostenlosen „CashGroup“ der drei Banken finden sich als Nächste erst wieder auf Königsallee oder Schadowstraße.

Bewohner der Stadtteile bekommen es zu spüren

Abseits davon böten Discounter, Drogeriemärkte oder Tankstellen beim Einkaufen die Möglichkeit, gebührenfrei abzuheben, betonen die Banken. Mehrkosten bedeutet das aber trotzdem: DM bietet diese Möglichkeit erst ab dem Kauf eines Produktes an, Aldi ab fünf Euro, Rossmann und Rewe ab zehn und Edeka Zurheide sogar erst ab zwanzig Euro Warenwert. Ein Versuch scheitert beim abendlichen Besuch einer DM-Filiale zudem schon um 18 Uhr. Fast schon entschuldigend blickt der Verkäufer drein: „Wir sind schon in der Abrechnung. Mehr als 50 Euro kann ich nicht geben.“

Noch stärker bekommen den Automaten- und Filial-Exodus die Bewohner der Stadtteile zu spüren. Fassungslos stand Jasmin D. (Name geändert) mit anderen Kunden vor der SB-Stelle der Commerzbank in Eller, als diese im Juli plötzlich geschlossen worden war – für immer. Ein Aushang informierte über die nächste Möglichkeit zur Bargeld-Abhebung: In der Benrather Filiale, wie D. der Redaktion mitteilte. „Die Mitteilung endete mit dem Werbe-Slogan ,Die Bank an Ihrer Seite’. Welch ein Zynismus“, sagt D. Noch gebe es in Eller zumindest eine Postbank. Wie lange jedoch, wird sich zeigen müssen.

Zwei Drittel aller Kundenanliegen können mittlerweile digital bearbeitet werden, entgegnet die Commerzbank. Und, dass es „weniger Anlässe als früher gibt, um in eine Bankfiliale zu kommen.“ Ebenso argumentiert auch die Deutsche Bank, dass man damit nur auf ein verändertes Kundenverhalten reagiere. „Der Alltag der Menschen bei der Erledigung ihrer Bankgeschäfte hat sich deutlich verändert und wird sich in Zukunft noch weiter verändern“, sagt eine Sprecherin. Beide Banken verweisen auf den Ausbau ihres Telefon- und Online-Services. Dafür hat sich die Commerzbank etwa am Seestern auf 2100 Quadratmetern eingemietet, wo die Mitarbeiter des Beratungscenters untergebracht sind. Die telefonische Beratung sei eine bequeme Lösung auch für Menschen, die „nicht digital vernetzt oder weniger mobil sind“.

Persönliche Beratung nur bei großen Finanzentscheidungen

Bei Finanzentscheidungen „größerer Tragweite“, etwa zu Immobilien oder Altersvorsorge, bleibe die Filiale aber der Ort für das vertrauliche Gespräch mit dem Berater. Auch die Commerzbank bietet daher laut Webseite weiterhin an, Termine in den verbliebenen Filialen vor Ort auszumachen. Im Selbstversuch gestaltet sich das jedoch komplexer. Zwar klappt die Kontaktaufnahme über die hauseigene Banking-App problemlos und schnell, der Wunsch nach persönlicher Beratung zur einer Geldanlage scheitert jedoch am Volumina. „Unter 200 000 Euro Anlagewert kann es schwierig werden, noch einen Termin in der Filiale zu bekommen“, sagt der Berater am Telefon freundlich, aber bestimmt.

Auch die Sparkassen sind vom Strukturwandel nicht ausgenommen, auch hier mussten Filialen und SB-Stellen in den vergangenen Jahren schließen. Zwei fahrbare Filial-Busse sollen den Vor-Ort-Service mit 15 Haltestellen im Stadtgebiet aufrechterhalten. In der Hauptfiliale an der Berliner Allee ist zudem für den schnellen Service vor Ort mit ELSA („Ein-liebenswertes-Service-Angebot“) inzwischen eine Video-Kabine eingerichtet worden. Beim Betreten schaltet sich eine Mitarbeiterin dazu – und vermittelt damit immerhin noch ein kleines bisschen Persönlichkeit im Finanzgeschäft.