Führung durch den Aquazoo Warum Clownfische immer als Männer schlüpfen

Düsseldorf · Das Thema Fortpflanzung fördert skurrile, spektakuläre oder teils tödliche Strategien im Tierreich zutage.

Der erste Halt der öffentlichen Führung mit Linda Wefers war das große Pottwal-Skelett im Eingangsbereich des Aquazoos.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Das erste Objekt, was den Besuchern beim Betreten des Aquazoos begegnet, ist das lebensechte Skelett eines Pottwals. Im Englischen trägt der Wal jedoch einen anderen, ziemlich anzüglichen Namen: „Spermawal“. Zurückführen lässt sich das auf die schlüpfrigen Fantasien der ersten Walfänger. Die fühlten sich bei der milchig-weißen, zähflüssigen Substanz im Kopf des Wales an ein Sekret erinnert, das zur Fortpflanzung von Säugetieren unabdingbar ist. „Aus diesem Grund trägt der Wal im Englischen den Namen ,sperm whale’“, sagt Linda Wefers. Frei übersetzt also: Spermawal.

Wefers ist Zoopädagogin in der Abteilung Naturbildung, die seit 50 Jahren die pädagogischen Veranstaltungen des Aquazoos konzipiert, dem größten außerschulischen Lernort der Stadt. „Sobald es um die Vermittlung von Inhalten geht, kommen wir ins Spiel“, sagt Abteilungsleiter Elma Finke. Die Naturwissenschaften wollen die Pädagogen bei Workshops und öffentlichen Führungen möglichst interessant und besucherfreundlich vermitteln. Im Rahmen des runden Geburtstags haben sie sich gleich drei besondere Führungen ausgedacht. Standen bei der ersten noch die Täuschungsmethoden der Tierwelt im Fokus, ging es bei „Konkurrieren, Werben, Fortpflanzen“ um pikantere Dinge. Nämlich, wie es um die Tierwelt und deren Geheimnisse bei der „schönsten Nebensache der Welt“ bestellt ist.

In der Frühphase unseres Planeten kamen einige der ersten Weichtiere noch gut ohne Partner aus und pflanzten sich asexuell fort. Um der Bedrohung durch Parasiten und Krankheiten zu entgehen, erfand die Evolution die zweigeschlechtliche Fortpflanzung. Mit zusätzlicher Genvariabilität sorgte das für mehr Immunität bei den nachfolgenden Generationen. „Das männliche Geschlecht wurde damit quasi zur Gesundheitsvorsorge für das weibliche, so lautet zumindest die Theorie“, sagt Wefers. Womit die Evolution gleichzeitig in den Turbomodus schaltete.

Das förderte teils erstaunliche Entwicklungen, wie bei der Führung durch die Aquarien und Terrarien deutlich wird. So auch bei den Clownfischen, die von Geburt an männlich sind. In Gruppen leben sie um Seeanemonen herum, die der Gattung auch den Namen „Anemonenfische“ geben. Im Laufe der Zeit wandelt der älteste Fisch sein Geschlecht jedoch und wird zum Weibchen, das die Eier legt. „Generell ist der Geschlechtswechsel bei Anemonenfischen keine Seltenheit“, sagt Wefers.

Clownfische leben in Gruppen und können im Laufe ihres Lebens das Geschlecht wechseln.

Foto: Aquazoo - Löbbecke Museum Düsseldorf/Dieter Schulten

Denn gerade unter Wasser müssen die Tiere kreativ werden. Viel häufiger landen die ausgesetzten Eier sonst auf dem Speiseplan anderer Fische, anstatt befruchtet zu werden. Nicht so beim Malawibuntbarsch. Der sammelt und trägt seine Eier zum Schutz im geschlossenen Maul. Das Männchen bildet deshalb eiförmige Flecken auf Bauch und Flosse aus, die für das Weibchen wie „verlorene Eier“ erscheinen. „Wenn das Weibchen dann sein Maul öffnet, um danach zu schnappen, lässt das Männchen seinen Samen frei“, sagt Wefers. Die Jungfische schlüpfen dann übrigens auch im Maul. „Und werden manchmal auch verschluckt.“

Der blaue Malawibuntbarsch (Malyandia zebra) gehört zu den Maulbrütern. Die Eier werden im Maul befruchtet.

Foto: Aquazoo - Löbbecke Museum Düsseldorf/Dieter Schulten

Andere Meeresbewohner wiederum gehen seltsame Symbiosen ein. Der Bitterling etwa leitet seine Eier über eine dünne „Legeröhre“ ins Innere von Muscheln ein, in denen diese dann schlüpfen. Die Muscheln rächen sich dafür, indem sie ihre eigenen Larven absondern und diese sich in den Kiemen und Schleimhäuten des Bitterlings festsetzen. Somit werden sie weiterverbreitet.

Der Bitterling (Rhodeus sericeus) geht mit Muscheln eine Symbiose beim Austragen der Eier ein.

Foto: Aquazoo - Löbbecke Museum Düsseldorf/Dieter Schulten

Der gemeine Krake hingegen „übergibt“ dem Weibchen ein „Spermapaket“ über seinen „Begattungsarm“, welcher in die Leibeshöhle eindringt. „Der Arm kann sich auch lösen und schwebt dann von alleine zum Weibchen, ohne dass es das mitbekommt“, sagt Wefels. Für den Kraken ist es die letzte Leistung im Leben, er stirbt danach.

Die Gemeine Krake (Octopus vulgaris) verfügt über einen sogenannten Begattungsarm, mit dem er sich fortpflanzt.

Foto: Aquazoo Löbbecke Museum/Philipp Schroeder

Auch oberhalb der Wasserfläche geht es zuweilen rabiat zu. In der Welt der Spinnen sind Männchen oft viel kleiner als die Weibchen, um sich zur Befruchtung an diese heranschleichen zu können. So werden sie nicht als potenzielle Beute bemerkt und gefressen. Dass die Gottesanbeterin ihren Partner tötet, ist indes hinlänglich bekannt. Die pikante Führung zum Sexualleben der Tiere bietet der Aquazoo passenderweise immer zum Valentinstag an. Für die Teilnahme an der Führung wird ein Alter ab zwölf Jahren empfohlen.