Medizin in Düsseldorf „Sie haben mir mein altes Leben zurückgegeben“

Düsseldorf · Die Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Florence-Nightingale-Krankenhaus besteht seit 50 Jahren. Das wurde jetzt gefeiert. Kontinuierlich wurde das dortige Spektrum weiterentwickelt.

Chefärztin Jutta Liebau leitet die Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie.

Foto: Anne Orthen

Plastische Chirurgie wird schnell mit ausufernden Schönheitsoperationen in einen Topf geworfen. Gerade in Düsseldorf taucht dann das Klischee von aufgespritzten Lippen, gebotoxten, starren Gesichtern und übergroßen Brüsten auf. Doch das, was in der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Florence-Nightingale-Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie seit 50 Jahren praktiziert wird, hat damit wenig zu tun. Und wenn doch, dann eher, um schiefgegangene Eingriffe dieser Art zu korrigieren.

Eingriffe, die der ästhetischen Chirurgie zugeordnet werden, machen in der Klinik rund 20 Prozent aus. Bei diesen geht es um „das unmittelbar Wahrnehmbare, das Sichtbare, das sich immer an der Körperoberfläche befindet“, erklärt die erfahrene Fachärztin Jutta Liebau. Die Professorin leitet seit mehr als zehn Jahren die Klinik. Die plastische Chirurgie beschäftigt sich wiederum mit der Wiederherstellung von Form und Funktion und hat überwiegend eine medizinische Indikation.

Ein Schwerpunkt der Klinik liegt im Gebiet der Brustchirurgie. Patienten kommen beispielsweise zu einer Brustvergrößerung oder -verkleinerung, aber auch um Fehlbildungen der Brust behandeln zu lassen oder wenn Probleme und Schmerzen durch Implantate auftreten. „Die Herstellung von Symmetrie bei unterschiedlich großen Brüsten etwa ist eine kniffelige Sache“, sagt Liebau. Rund 300 der 1000 stationären Operationen der Klinik im Jahr entfallen auf die Abnahme von Brüsten, wenn eine biologische Frau sich als Mann identifiziert. Die transidenten Patienten kommen dazu aus ganz Deutschland, aber auch aus dem Ausland. „Da haben wir einen sehr guten Ruf“, so Liebau.

Ebenfalls von weit angereist kommen Patienten, wenn es um die Entfernung von Tumoren an der Körperoberfläche geht. Der weiße Hautkrebs etwa kann, wenn er nicht behandelt wird, die Nase wegfressen, die dann rekonstruiert werden muss. Weitere Schwerpunkte sind die Lidchirurgie, die plastische Chirurgie mit „Hand und Fuß“, die körperformende Chirurgie nach massiver Gewichtsreduzierung, die Behandlung von Wundheilstörungen und Narben und der Lipotransfer.

Dabei wird Fett aus unerwünschten Bereichen des Körpers an Stellen, an denen es besser zur Geltung kommt, transportiert. Die Methode wird beispielsweise bei der Rekonstruktion der Brust eingesetzt. Als herausfordernden Eingriff nennt die Ärztin als Beispiel die Behandlung der Gesichtsnerv-Lähmung, die zum Beispiel aufgrund einer Infektion oder nach einem Schlaganfall auftreten kann.

Bei diesen Fällen kann durch Techniken, die auch ein Facelift einschließen sowie Korrekturen im Bereich des Ober- und Unterlides, eine eindrückliche Verbesserung funktionell (etwa Verbesserung beim Sprechen, Trinken, Essen, der Nasenatmung, Beseitigung des tränenden Auges) aber auch optisch und ästhetisch erreicht werden. „Kürzlich habe ich einen Patienten operiert, der zwei Monate nach der Operation sagte ,Sie haben mir mein altes Leben zurückgegeben‘. Er konnte zu seinen gewohnten Aktivitäten zurückkehren, auch in der Öffentlichkeit“, sagt Liebau. Verbunden damit sei ein großer Gewinn von Lebensqualität gewesen.

Wichtig sei es, mit den Patienten eingehend zu besprechen, was überhaupt möglich und sinnvoll ist und was überhaupt realisierbar, betont die Ärztin. So könnten unrealistische Erwartungen vermieden werden, die durch die Operation dann nicht befriedigt werden können. „Deshalb gibt es bei uns nur ganz wenige Patienten, die hinterher nicht zufrieden sind“, sagt Liebau. Zudem gibt es auch Operationen, welche von der Klinik abgelehnt werden, dazu gehört die risikoreiche Po-Vergrößerung.

Auch viele Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten werden behandelt

Immer wieder werden in der Klinik aber auch ganz besondere Patienten behandelt, nämlich Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten. Das Friedensdorf Oberhausen sorgt dafür, dass sie nach Deutschland kommen können; der Nothilfefonds der Kaiserswerther Diakonie macht die wichtigen Operationen dann möglich. Häufig geht es dabei um komplizierte Fehlbildungen oder verwachsene Narben nach schweren Verbrennungen. Ohne die Eingriffe hätten die Kinder nur wenig Aussicht darauf, ein normales Leben führen zu können.

Die Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie genießt seit vielen Jahren großes internationales Renommee, das zeigte sich auch nun bei dem großen Symposium, zu dem anlässlich des 50-jährigen Bestehens nach Kaiserswerth eingeladen wurden. Führende Experten, darunter der Präsident der Fachgesellschaft DGPRÄC (Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie) hielten dort Vorträge, denen 140 Fachleute folgten, darunter auch als Ehrengast Rolf-Rüdiger Olbrisch. Der Professor ist der Vorgänger von Jutta Liebau und hatte die Klinik von 1983 bis 2005 geleitet, weiterentwickelt und zu internationalem Ruf geführt.